Winterschlaf oder Winterarbeit?

Der Winter steht vor der Tür, die Tage werden kürzer, das Futterangebot spärlicher. Das Leben in der Natur schaltet einen Gang zurück um Energie zu sparen. Auch unsere Pferde leben diesen Zyklus der Natur und treten langsamer, gleichwohl sie im Gegensatz zu ihren wilden Artgenossen keinen Mangel zu leiten haben.

Vor einiger Zeit wurde mir die Frage gestellt, ob es sinnvoll wäre, in den Wintermonaten unseren Pferden eine Trainingspause zu gönnen.

Wurde ein Pferd das Jahr über sehr intensiv trainiert und geritten, vielleicht auch auf Turniere vorgestellt, so kann es durchaus anzuraten sein, einem solchen Pferd einen Monat Pause zu gönnen. Mehr aber auch nicht!

Gleichwohl man sagen muss, dass ein ausgebildetes preußisches Kavalleriepferd zur Zeit Friedrichs des Großen das ganze Jahr über geritten und trainiert wurde – 6 Tage die Woche. Während es in den Sommermonaten im Truppendienst (Exerzieren, Manöver …) mehrere Stunden täglich unter dem Sattel ging, wurden die Wintermonate für eine Intensivierung der Dressurarbeit genutzt.

Gehen wir aber von der üblichen „Nutzung“ eines durchschnittlichen „Freizeitpferdes“ aus, kann man nicht von einer nennenswerten Belastung sprechen, welche eine längere Trainingspause rechtfertigen würde (siehe auch meinen Beitrag: Ein Pferdeleben als Couchpotato) sprechen.

Da in der heutigen Zeit in der Regel in das Training eines Pferdes weder viel Zeit noch viel Qualität investiert wird, wie dies beispielsweise bei einem preußischen Kavalleriepferd zu dessen nachhaltiger Gesunderhaltung der Fall war, stehen wir hier vor folgender Situation:

Der notwendige Muskelaufbau wird (zeitlich bedingt) nicht in letzter und für die Gesunderhaltung eines Pferdes notwendiger Konsequenz betrieben und dauert somit länger – was die  Gefahr von Rückschritten birgt.

Würde man nun eine längere Winterpause einlegen, käme es zu einem deutlicheren Rückbau der Muskulatur, als dies bei einem preußischen Kavalleriepferd der Fall gewesen wäre, hätte man dieses in den Winterurlaub geschickt. Was bei unseren Pferden zur Konsequenz hat, dass nach dem „Urlaub“ erst wieder aufgeholt werden müsste, was verloren wurde, bevor man weiterentwickeln kann.

Von den Fettpolstern, die in den Wintermonaten durch gleichbleibende oder sogar gesteigerte Futtermengen, aufgebaut wurden, ganz zu schweigen. Diese – bei der in der heutigen Reiterei üblichen geringen Trainings- und Reitintensität – wieder abzubauen gestaltet sich mehr als schwierig bis unmöglich – mit allen gesundheitlichen Folgeerscheinungen für das Pferd.

Auch dass die Pferde diese Winter-Ruhezeit nutzen würden, um über das davor Gelernte „nachzudenken“, wie mitunter gesagt oder geschrieben wird, halte ich für ein Märchen, was daran liegt, dass die Intelligenz des Pferdes zwar die Komponenten SENSIBILITÄT und KREATIVITÄT, nicht aber VERSTAND beinhaltet, welcher im Wesentlichen nur dem Menschen (durch seine komplexe Sprache) vorbehalten ist. Das Pferd lernt nur mit dem Körper. Dazu muss dieser allerdings herausgefordert werden. Durch Vorwärtsreiten beispielsweise – wie dies häufig praktiziert wird – lernt das Pferd nichts!

Nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG ziele ich ausschließlich und das herausfordernd auf den Körper (Kraft, Balance und Beweglichkeit) und das limbische System (erweiterte und beschleunigte NATÜRLICHE REFLEXE und einzelne zusätzlich geschaffene künstliche Reflexe) des Pferdes ab. Dieses dabei zum Tragen kommende ADAPTIVE KÖRPERLERNEN, wie ich es bezeichne, erfolgt ohne Zutun des Menschen und der Achtsamkeit des Pferdes, im Pferdekörper, immer unmittelbar an der, einer kurzen Übungssequenz anschließenden minutenlangen Pause und wird so nachhaltiger auf die Festplatte des Pferdes gebrannt.

Aber auch bei einem Lernen, welcher einen ach so gerne unterstellten VERSTAND des Pferdes anspricht, wird man von diesem keine größeren gedanklichen Nachbearbeitungen erwarten dürfen, die im Frühjahr von Vorteil sein könnte. Von einer eigenständigen körperlichen Nacharbeit des Pferdes ganz zu schweigen – oder habt ihr schon mal ein Pferd selbstständig am Schulter(n)herein arbeiten sehen?

Ich kann nur empfehlen, die Arbeit mit den Pferden auch in den Wintermonaten nicht einzustellen und es so ähnlich zu machen wie bei der preußischen Kavallerie: Nämlich die (spärliche) Zeit für die Dressurarbeit (im Sinne guter, gesundheitsförderlicher Ausbildung) zu nutzen, aufgelockert von gelegentlichen Ausritten.


Autor: Richard Vizethum | Der letzte Stallmeister | (Nach)denkender Reiter | Schule der Hippologie


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Die Umformung des Pferdes – ein Überblick

REITKUNST ist die Fähigkeit der UMFORMUNG eines NATÜRLICHEN PFERDES zu einem REITPFERD„.
(Richard Vizethum)

Dieses Wissen und die Kunst, Pferde körperlich so umzuformen, dass diese unglaubliche Höchstleistungen erbringen konnten und dabei ein langes Pferdeleben lang, an Leib und Seele gesund blieben, wie dies die STALLMEISTER der alten Preußen zur Zeit Friedrichs des Großen beherrschten, ging um etwa Mitte des 19. Jahrhunderts (1848) gänzlich verloren.

In meiner Beschäftigung mit den Pferden entwickelte ich diesen Weg, wissenschaftlich forschend, wie dies auch die preußischen STALLMEISTER taten, lange völlig unabhängig und nichts von deren Tun wissend, in nahezu identischer Weise und so war es wir möglich, später deren Vorgehen  in Gänze zu verstehen und nachvollziehen zu können.

Die UMFORMUNG des Pferdes, nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG, von einem NATÜRLICHEN PFERD zu einem REITPFERD, geht nicht über die heute übliche Konditionierungen – sprich das Auswendiglernen – von Lektionen und Manövern und das Arbeiten des Pferdes als Ganzes, sondern durch ein, in seiner Reihenfolge logisch aufgebautes und den physikalischen Grundsätzen und Möglichkeiten der Natur folgendes Lösen von SPEZIALAUFGABEN.

Man beginnt zunächst einmal damit, die widerstrebenden Kräfte (Gelenke, Knochen, Bänder …) des Pferdekörpers, welche die limitierenden Faktoren der UMFORMUNG sind, zu analysieren und auf ihre Formbarkeit hin zu bewerten. Danach setzt man diese zu einer möglichen[1] idealen Sollstellung in Vergleich, um daraus den Umformungsbedarf bzw. die Umformungsmöglichkeiten zu bestimmen.

Die UMFORMUNG selbst, bei welcher man die Muskulatur (bewegenden Kräfte) nützt, beginnt mit der Vorhand, die stets zusammen mit der RÜCKENLINIE[2], welche von Natur aus Vorwärts-Abwärts geneigt ist, deutlich angehoben wird, was die Rückenlinie in eine nahezu waagerechte Lage und den Hals weiter in Richtung der Schultern zurück bringt. Dies führt dazu, dass die von Natur aus stark vorne überhängende Last, bedingt durch Hals und Kopf, bereits deutlich verringert und durch die Vorderbeine vermehrt abgestützt wird.

Danach geht man gezielter[3] zur Hinterhand über, welche man (im Stehen betrachtet) soweit vorzieht, dass die Hufspitzen der Hinterhand an der Kreuzbein-Lotrechten[4] liegen und sorgt für eine dauerhafte mehr oder weniger leichte Beugung, um die Rückenlinie nun vollständig in die Waagerechte zu bringen. Buggelenk und Hüftgelenk befinden sich damit, wie auch die Rückenlinie auf einer waagerechten Linie.

Die Winkelungen der Vorhand (hinab bis Ellbogen-Gelenk) und der Hinterhand (hinab bis Kniegelenk) werden dadurch nahezu identisch und können sich in der Bewegung bei geringerem Reibungsverlust die Kräfte optimal zuwerfen, mit der Folge, dass ein Leistungsabfall bei Belastung deutlich später eintritt und weniger stark ausfällt. Die Pferde werden somit in die Lage versetzt, über einen längeren Zeitraum größere Leistung erbringen zu können und dies dazu bedeutend stressfreier.

Das Pferd wird in seiner gesamten Ausrichtung und auf allen drei Ebenen symmetrischer und die ungleichen Belastungen der Struktur, welche beim natürlichen Pferd in vielfältiger Weise gegeben sind, werden nahezu komplett in gleichmäßige Belastungsmomente umgewandelt.

Die Muskulatur wird so „umgeformt“, dass diese, zusammen mit den Faszien, die neue Körperform, selbst in den Alltagsbewegungen des Pferdes, konserviert. Die durch die UMFORMUNG hergestellte neue Haltung des Pferdes wird damit zu dessen neuer NATÜRLICHE HALTUNG.

Ein solchermaßen UMGEFORMTES Pferd kann nicht mehr in die Hand des Reiters gehen, da jeglicher Bewegungsdruck aus der Hinterhand vermehrt Vorwärts-AUFWÄRTS fließt, das Pferd nimmt sich somit automatisch „aus der Hand“ des Reiters.

Nun erst ist es tatsächlich in der Lage sich – wie es so häufig beschworen wird – sich weiter RELATIV aufzurichten[5].

Das Pferd hat während dieses Prozesses gelernt die Trense drucktechnisch nach eigenem Ermessen[6] zu neutralisieren, diese dabei aber stets als Informationsquelle zu nutzen (TRENSENGEHORSAM). Darüber hinaus lässt die erreichte AUFRICHTUNG (Hals – Vorhand – Rückenlinie) gar nicht mehr zu, dass sich das Pferd stark am Gebiss ANLEHNEN[7] kann bzw. überhaupt anlehnen muss, denn die Bewegungen erfolgen in optimaler Balance. Der Massemittelpunkt (Schwerpunkt), der im Prozess der UMFORMUNG immer weiter zurück zum fiktiven GLEICHGEWICHTSPUNKT[8] verschoben wurde, oszilliert in der Bewegung des Pferdes stets nahe am Gleichgewichtspunkt.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie
Auszug aus der LEHRE VOM GRALSWEG


[1] Nicht bei jedem Pferd kann die ideale Sollstellung vollständig erreicht werden, ohne dass dazu die Grenzen (widerstrebende Kräfte), die die Natur setzt, zum Schaden des Pferdes überschritten werden müssten. Dennoch kann JEDES Pferd nahe an diese ideale Sollstellung herangeführt werden.

[2] Nur Wirbelkörper ohne Dornfortsätze

[3] Wirkungen auf die Hinterhand entstehen natürlich auch bereits bei der Hebung der Vorhand (incl. Rückenlinie).

[4] Lot vom Kreuzbein zum Boden

[5] Was bei einem vermehrt vorwärts-abwärts gerittenen bzw. nur Lektionen konditioniertem Pferd schlicht und ergreifend eine physikalische Unmöglichkeit ist. Die bei solchem Reiten oft empfundene „Bergauf-Tendenz“ entsteht nicht durch ein Anheben (Aufrichten der Vorhand), sondern durch ein – bedingt durch weites Vorgreifen der Hinterhand erzieltes – Tieferlegen des Pferdes in der Hinterhand!

[6] Ob das Pferd den Druck auf NULL Gramm reduziert und damit das Mundstück nur aufliege hat, oder ob es sich noch mit 500 Gramm „draufstützt“ weil dies ihm angenehmer ist, liegt im Ermessen des Pferdes.

[7]ANLEHNUNG ist das Angebot an das Pferd, sich bei leichten Balanceverluste nach vorne kurzzeitig in der Hand des Reiters abstützen zu können“ (R.V.) Die Notwendigkeit der ANLEHNUNG verschwindet dann, wenn das Pferd seine maximal mögliche Aufrichtung (Hals – Vorhand – Rückenlinie) bei gleichzeitigem Fallenlassen der Nase gen Senkrechte erreicht hat. Diese optimale Haltung in Aufrichtung macht ANLEHNUNG schließlich unmöglich aber auch unnötig!

[8] Ein definiertes Ideal, welches an den Kreuzungslinien der auf dem Boden befindlichen Stützen (Beine) befindet. Definiert wird dieser Gleichgewichtspunkt erstmals in meiner LEHRE VOM GRALSWEG.

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