Buckeln Pferde aus Freude?

Buckeln Pferde aus Freude?

13.3.1. | Machen Pferde „Freudenbuckler“, wie dies oft in so manchen „Ausbruch“ eines Pferdes hineininterpretiert wird? Um diese Frage zu beantworten ist es erforderlich, sich zunächst noch einmal zu vergegenwärtigen, wie sich die Emotion FREUDE [10.2.8.2.3.] definiert. Freude leitet sich aus der Ur-Emotion WUT ab, die dazugehörige Reaktionsoption ist ANGRIFF. Betrachten wir nun im Folgenden verschiedene Situationen, in denen es zu vermeintlichen „Freudenbuckler“ kommt.

13.3.1.1. | Pferde, die früher über Nacht in Ständern oder später dann auch in Boxen aufgestallt waren, zeigten mitunter „Temperamentsausbrüche“, wenn sie frühmorgens zur Arbeit geholt wurden. Dies wurde als STALLMUT bezeichnet, deren Ursache man in der nächtlichen Bewegungseinschränkung sah. SPANNUNGEN und der Wunsch diese zu lösen, sind hier der Grund für den einen oder anderen Bocksprung. In den Sprüngen selbst richtet sich die „WUT“ des Pferdes gegen eine innere Spannung, welche das Pferd durch einen „Angriff“ (Bocksprung) abzuwehren sucht.

13.3.1.2. | Während die Gründe für STALLMUT damals, als die Pferde noch viele Stunden des Tages arbeiten mussten, ihre Berechtigung gehabt haben mögen, denn der Stillstand der Nacht sorgte für SPANNUNGEN, die das Pferd nun durch Buckler zu lösen suchte, kommt in der heutigen Zeit ein weiterer Aspekt hinzu:  Immer noch stehen Pferde lange Zeit – oft tagelang – in Boxen weggesperrt, weil deren Besitzer, in sträflicher Weise, nur gelegentlich mal vorbeikommen. Die Fütterungszeiten stellen dabei für ein solches Pferd die wenigen Highlights, eines ansonsten eintönigen Tages dar. Holt man nun das Pferd aus der Box, so wird es beim Verlassen des Stalles erstmal nach vielen Stunden wieder, mit einer Vielzahl von Reizen konfrontiert, auf welche es zunächst mehr oder weniger stark mit Nervosität (Emotion ANGST) und mit der Reaktionsoption FLUCHT reagieren wird. Buckelt das Pferd dabei allerdings, dann hat ein Wechsel vom Flucht- zum Angriffsmodus (Ur-Emotion Wut oder Ableitung davon) stattgefunden. Von Freude keine Spur!

13.3.1.3. | Immer wieder kann man beim SPRINGREITEN Pferde sehen, welche nach dem Überspringen eines Hindernisses, einen oder mehrere Buckler zeigen. Solches Verhalten hat überhaupt nichts mit FREUDE zu tun, sondern ist die Konsequenz von Schmerzen (Rücken etc.) oder „nur“ von Spannungen, auf welche das Pferd nun instinktiv reagiert. Das Pferd ist im Angriffsmodus gegen den Schmerz oder die (Ver)Spannungen.

13.3.1.4. | Werden Pferde zum erste Mal, nach der langen Winterpause auf die Weide gelassen, dann rennen sie erst eine Weile und es kommt dabei auch zu dem einen oder anderen Bocksprung. Was wir nun als „Freudensprünge“ interpretieren, ist schlicht das Auflösen einer Spannung. Eine angespannte Phase des KÖRPERLICH UNWOHLFÜHLENS, weil der Zugang zu frischen Gras versperrt war, löst sich nun auf. Auch an der Mimik der Pferde kann man erkennen, dass sie näher an der Ur-Emotion Wut, als an der, daraus abgeleitete, Emotion FREUDE stehen. Mitunter sieht man auch ein gewisses kurzes Angriffsverhalten wenn zwei Pferde sich einander annähern. Hier versuchen Pferde einen „territorialen Anspruch“ auf ein Stück Grasland deutlich zu machen, d.h. es findet ein, mehr oder weniger spielerischer Ressourcen-Konflikt statt.

13.3.1.5. | Man mag nun einwenden, dass Fohlen schon mal gerne über die Weide oder im Spiel mit anderen Jungtieren buckeln – vermeintlich aus Freude. Doch auch hier ist nicht (Lebens-)Freude das auslösende Momentum, sondern und dies überwiegend bei Hengsten (Wallachen), das Kennenlernen des eigenen Körpers, die instinktive, natürliche Vorbereitung auf den Kampf. Bei Stutfohlen (Ausnahme: hengstige Stutfohlen) sieht man ein derartiges Verhalten so gut wie überhaupt nicht.

13.3.1.6. | Was man immer bei der Beurteilung solchen Verhaltens beachten sollte, ist das Grundgesetzt, welches dieses Verhalten bestimmt und dies ist der SINN DES LEBENS [2.], sprich das ÜBERLEBEN! Zuviel Bewegung macht sichtbar! Für ein Flucht- oder Beutetier kann dies den Tod, für ein Raubtier den Verlust der potenziellen Beute bedeuten. Der menschliche Wahn: Veränderung bedeutet Leben ist in Wahrheit für das Überleben kontraproduktiv!

13.3.2. | Nein, Pferde machen keine „Freudenbuckler“! Zumindest nicht in der Form, die wir uns gemeinhin darunter vorstellen (Jubel, Trubel, Heiterkeit), sondern sie zeigen mehr oder weniger starke Abstufungen zwischen der Ur-Emotion WUT und der aus dieser über die SCHADENFREUDE abgeleiteten Emotion FREUDE.

Auszug aus der Rohfassung meines Buches
Emotion – Überlebenshelfer und Störenfriede


Autor: Richard Vizethum | Schule der Hippologie

Ein Tag auf der Galopprennbahn

Man kann zum Pferderennsport stehen wie man will, doch ist man erst einmal auf der Rennbahn, dann saugt einen die Atmosphäre tief ein und lässt einen so schnell nicht wieder los.

Man kann zum Pferderennsport stehen wie man will, doch ist man erst einmal auf der Rennbahn, dann saugt einen die Atmosphäre tief ein und lässt einen so schnell nicht wieder los.

Die Eleganz und Vollkommenheit dieser wunderbaren Pferde – insbesondere der „Steher“ – macht die Lobpreisungen, die man gegenüber dem Englischen Vollblut zu allen Zeiten hatte, real vor den eigenen Augen nachempfindbar.

Dann sind da die kühnen Reiter, die Jockeys, drahtig, gewichtsoptimiert Männer und manche Frau, bunt in den jeweiligen Stallfarben gekleidet. Sie nehmen die letzten Anweisungen von Trainern und Besitzern entgegen, bevor sie in den Sattel „geworfen“ werde.

Der Pulsschlag steigt!

Dieser steigt auch bei den Amateur- und Profi-Zockern, die sich, während die Pferde im Führring an ihnen vorüberdefilieren, letzte Gedanken machen oder sich fachkundigen Rat einholen, um ihre Einsätze möglichst gut zu platzieren.

Noch 5 Minuten bis zum Start!

Der Aufgalopp der Pferde, vorbei am gespannten Publikum, dann hinein in die Startmaschine. Die hinteren Klappen werden geschlossen …

START!

Die Pferde jagen im Pulk an den Rails entlang, dicht an dicht. Die Stimme des Kommentators scheint jede Positionsveränderung zu kommentieren und hält damit den Pulsschlag hoch. Dann der Schlussbogen, dass Einbiegen auf die letzte Gerade. Die Hufschläge werden lauter und lauter und mit ihnen steigt auch die Aufregung im Publikum. Die Blicke versuchen das „eigene“ Pferd im Pulk der Heranjagenden zu erkennen. Die Anfeuerungen werden aufgeregter und stärker und vermischen sich mit den Hufschlägen zu einem emotionalen Stakkato, welches sich in einem letzten lauten Schrei beim Überqueren der Ziellinie auflöst.

Freude und Enttäuschung – hier liegen diese beiden Emotionen nahe beieinander.

Leben komprimiert!


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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