Die Arbeit mit diffizilen Pferden

Die Arbeit mit diffizilen Pferden

Unter DIFFIZILEN PFERDEN werden Pferde mit körperlichen Problemen oder Verhaltensauffälligkeiten verstanden.

Die Arbeit mit diesen Pferden stellt diejenigen, die diese Arbeit tun, stets vor besondere Herausforderungen. Gleichzeitig ist es aber für einen Reiter der einzige Weg, zu umfassendem Wissen und einen enorm großen Erfahrungsschatz in allen Bereichen rund ums Pferd zu gelangen, um zu dem werden zu können, was in der Vergangenheit die STALLMEISTER waren, jene, mitunter im Professoren-Rang stehende Elite der Hippologen – primär in Preußen zu Zeiten Friedrichs des Großen und danach noch etwa bis Mitte des 19. Jahrhunderts eben dort.

„Reitmeister“, die sich nur mit guten Produkten aus der Zucht beschäftigen und deren oft in der Öffentlichkeit vorgestellten „Problempferde“ für einen wahren STALLMEISTER keine echte Herausforderung darstellen, werden nie wirklich zum Gipfel dieses Wissens und dieser Erfahrungen aufsteigen.

Die Arbeit mit diffizilen Pferden scheidet auch den Charakter der Menschen. Viele die sich daran versuchen, gelangen schnell an einen Punkt, an dem Gewalt ein probates Mittel der Problemlösung wird und nur sehr, sehr wenige erreichen jenes Stadium wahrhaftiger Meisterschaft, selbst schwierigste Probleme in tiefer Liebe und Zuneigung zu diesen wundervollen Tieren, gerecht und mit schier unendlicher Geduld[1], nachhaltig zu lösen.

Die gekonnte Arbeit mit diffizilen Pferden erscheint einem Außenstehenden und häufig an Spektakuläres und Verkünsteltes gewöhnten, eher als langweilig und wenig interessant. Ob bei körperlichen Problemen oder Verhaltensauffälligkeiten, stets ist diese Arbeit von ständigem Wiederholungen immer gleicher Schulen und Übungen, in immer gleicher Art und Weise geprägt. Es ist eine Millimeterarbeit, bei der ein immer höherer Grad der Präzision angestrebt wird und die dazu beiträgt, dass das Pferd sich körperlich und geistig nachhaltig immer sicherer fühlt, gesünder und leistungsbereiter wird.

Die Arbeit mit diffizilen Pferden ist die wahre REITKUNST und nur wer diese in liebevoll, dem Pferd zugewandten Art beherrscht, kommt nicht nur an die Fähigkeiten eines STALLMEISTERS heran, sondern ist der wahre Künstler in der Reiterei. 

Die letzten Jahrzehnte haben mich, durch die anspruchsvolle Arbeit mit vielen diffizilen Pferden, in aller Demut gesprochen, zu einem jener STALLMEISTER vergangener Zeiten werden lassen, die Max Ritter von Weyrother als DENKENDE REITER bezeichnete, von denen es in der Geschichte der Reiterei nur sehr, sehr wenige gab – gleichwohl sich viele gerne mit diesem Titel schmücken mögen. Trotz all meines großen Wissens und meiner umfangreichen Erfahrungen lerne ich noch jeden Tag hinzu, nicht aus Büchern, sondern von jenen Pferden die nicht perfekt sind, aber es verdient haben, eine Chance zu bekommen.

ICH GEBE NIE EIN PFERD AUF!

Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


[1] Wenn hier von GEDULD gesprochen wird, dann bedeutet dies nicht „alle Zeit der Welt“, denn solche hat ein STALLMEISTER in der Regel nicht. Von ihm wird erwartet, die Probleme in möglichst kurzer Zeit zu lösen. Ein Pferdebesitzer kann Jahre damit verbringen, herumexperimentierend, ein Problem zu lösen. Ein wahrer STALLMEISTER hat dazu oft nur wenige Korrektureinheiten zur Verfügung, bevor ihm die, ach so – nach eigenem Bekunden – geduldigen Reiter/innen wieder das Mandat entziehen.

Die 10 Gebote des Verladetrainings

Die 10 Gebote des Verladetrainings

Mal 10 Gebote (gibt noch ein paar), die man beim Verladetraining eines Pferdes beachten sollte …

  1. Die drei wichtigsten Eigenschaften, die man beim Verladetraining besitzen sollte: GEDULD, GEDULD und nochmal GEDULD!
  2. Mache das Verladetraining nicht zu einem Event!
  3. Habe KEINE ERWARTUNGSHALTUNG! Erwartungen emotionalisieren.
  4. Kontrolliere Deine EMOTIONEN, denn diese stören immer und überall und tragen dazu bei, VERTRAUEN zu zerstören. Emotionen trüben die Wahrnehmung und führen zu falschen Reaktionen oder schlechtem Timing (gilt grundsätzlich!).
  5. Trau keinem Trainer, der das Pferd außerhalb des Hängers unter Stress setzt, damit dieses den Hänger als etwas Anzustrebendes betrachtet.
  6. Druck hat aber dennoch beim Verladetraining seine Berechtigung und Notwendigkeit, setzt aber sehr viel Feingefühl und das Gespür für den richtigen Moment voraus (deshalb: Emotionskontrolle!).
  7. Schau dem Pferd beim Verladen NIEMALS in die Augen. Direkter Augenkontakt fordert das Pferd zum Zurückweichen auf (Sprache der Pferde).
  8. Bewege Dich ruhig und (authentisch) souverän. LOBE jeden noch so kleinen Schritt (ebenfalls authentisch – deshalb KEINE Erwartungshaltung), den das Pferd in die richtige Richtung tut. Strafe aber keinen Fehltritt (außer es tritt nach Dir!).
  9. Nachhaltigkeit ist wichtiger als ein schneller Erfolg. Gibt Dich schon mit einem guten Zwischenergebnis zufrieden. Dieses bisschen mehr an Zeit zahlt sich aus.
  10.  Lässt sich das Pferd gut und sicher verladen, fahr keine „Runde um den Block“, damit es „sich ans Fahren gewöhnt“. Ein Pferd braucht 30 bis 50 km (bei seiner 1. Fahrt) um sich gut ausbalancieren zu können. Erst dann lässt auch der dadurch bedingte Stress nach und das Pferd wird sich auch in Zukunft sicher verladen lassen.

Autor: Richard Vizethum | Schule der Hippologie

Meister und Dilettant

Ein Elektrikermeister wird in ein  Haus gerufen. Die Besitzer dieses Hauses  haben sich eine wunderbare neue aufwendige Multimedia-Anlage gekauft. Das Problem nun aber ist, dass immer dann, wenn sie die Anlage ans Stromnetz anschließen wollen, die Sicherungen fliegen.

Ein Elektrikermeister wird in ein Haus gerufen. Die Besitzer dieses Hauses haben sich eine wunderbare neue aufwendige Multimedia-Anlage gekauft. Das Problem nun aber ist, dass immer dann, wenn sie die Anlage ans Stromnetz anschließen wollen, die Sicherungen fliegen.

Man klärt den Elektrikermeister darüber auf, dass laut Expertenmeinung das Stromnetz des Hauses in einem sehr FEINEN Zustand sei und ein Nachbar, der sich hobbymäßig etwas mit Elektrik auskennen würde, gar der Meinung ist, dass man lediglich eine Sicherung austauschen müsse und dann würde alles perfekt funktionieren.

Der Elektrikermeister, ein sehr seriöser Vertreter seines Fachs, begutachtet daraufhin sehr gewissenhaft die gesamte Elektrik im Haus.

Sein Ergebnis ist „niederschmetternd“. Der Sicherungskasten ist historisch zu nennen,  das Leitungsnetz völlig marode, ja, es liegen sogar Drähte offen. Es gibt keinen Sicherungsschalter und einige Lampenfassungen sind defekt.

Dies teilt er den Hausbesitzern schonend mit und rät ihnen zu einer Generalsanierung der gesamten Elektrik im Haus, was eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen würde.

Diese aber sind weiterhin der felsenfesten Meinung, dass alles in Ordnung sei und dass der Austausch einer Sicherung völlig ausreichen würde – schließlich wäre dies auch der Rat diverser Experten gewesen!

Der Meister gibt noch den Hinweis, dass die Gefahr groß sei, dass das Haus in Brand geraten könnte, doch er konnte die Besitzer nicht von einer Sanierung des Stromnetzes überzeugen und verließ etwas traurig das Haus, denn er fand, es sei ein sehr schönes Haus und man hätte  was draus machen können – so, ja so es nicht vorher abbrennt!

WAS NUN ABER HAT DIESE GESCHICHTE MIT DEM REITEN ZU TUN?

In drei Tagen kann ein Ignorant ein Pferd so verderben, dass ein großes Talent drei Monate lang dazu gebraucht, den Schaden wieder abzustellen.

(Otto Digeon von Monteton – 1877)

Verrittene Pferde wieder rittig zu machen ist eine Herkulesaufgabe, die viel Wissen und Geduld erfordert. Dennoch scheint man weitläufig der Meinung zu sein „das Einschrauben einer neuen Sicherung“ würde ausreichen. Gerne ist man dann auch bereit auf „Experten“ zu hören, die einem genau dies suggerieren oder versprechen.

Dann darf schon mal „Lieschen Müller“ am Pferd herumbasteln.

Das kann gut gehen – meist aber „brennt die Bude ab“. Will  heißen: es verschlimmert sich das Problem!

LIEBE ZUM PFERD, ERFAHRUNG, WISSEN, KÖNNEN UND VOR ALLEM GEDULD, GEDULD und nochmal GEDULD sind die besseren Ratgeber!


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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