Die 10 Gebote des Verladetrainings

Die 10 Gebote des Verladetrainings

Mal 10 Gebote (gibt noch ein paar), die man beim Verladetraining eines Pferdes beachten sollte …

  1. Die drei wichtigsten Eigenschaften, die man beim Verladetraining besitzen sollte: GEDULD, GEDULD und nochmal GEDULD!
  2. Mache das Verladetraining nicht zu einem Event!
  3. Habe KEINE ERWARTUNGSHALTUNG! Erwartungen emotionalisieren.
  4. Kontrolliere Deine EMOTIONEN, denn diese stören immer und überall und tragen dazu bei, VERTRAUEN zu zerstören. Emotionen trüben die Wahrnehmung und führen zu falschen Reaktionen oder schlechtem Timing (gilt grundsätzlich!).
  5. Trau keinem Trainer, der das Pferd außerhalb des Hängers unter Stress setzt, damit dieses den Hänger als etwas Anzustrebendes betrachtet.
  6. Druck hat aber dennoch beim Verladetraining seine Berechtigung und Notwendigkeit, setzt aber sehr viel Feingefühl und das Gespür für den richtigen Moment voraus (deshalb: Emotionskontrolle!).
  7. Schau dem Pferd beim Verladen NIEMALS in die Augen. Direkter Augenkontakt fordert das Pferd zum Zurückweichen auf (Sprache der Pferde).
  8. Bewege Dich ruhig und (authentisch) souverän. LOBE jeden noch so kleinen Schritt (ebenfalls authentisch – deshalb KEINE Erwartungshaltung), den das Pferd in die richtige Richtung tut. Strafe aber keinen Fehltritt (außer es tritt nach Dir!).
  9. Nachhaltigkeit ist wichtiger als ein schneller Erfolg. Gibt Dich schon mit einem guten Zwischenergebnis zufrieden. Dieses bisschen mehr an Zeit zahlt sich aus.
  10.  Lässt sich das Pferd gut und sicher verladen, fahr keine „Runde um den Block“, damit es „sich ans Fahren gewöhnt“. Ein Pferd braucht 30 bis 50 km (bei seiner 1. Fahrt) um sich gut ausbalancieren zu können. Erst dann lässt auch der dadurch bedingte Stress nach und das Pferd wird sich auch in Zukunft sicher verladen lassen.

Autor: Richard Vizethum | Schule der Hippologie

Das Pferd – ein konzentrationsschwaches Lebewesen

Pferde sind konzentrationsschwache Lebewesen. In der Natur hat das Pferd es nicht nötig, sich großartig auf etwas zu konzentrieren. Sein Futter läuft schließlich nicht weg und ist dazu noch an vielen Plätzen zu finden. Anders sieht die Sache bei einem  Raubtier aus. Da sitzt die Katze schon mal stundenlang vor einem Mauseloch, in der Hoffnung, dass die Maus sich blicken lässt. Die Katze muss während der ganzen Zeit hoch konzentriert sein, um ja nicht diesen einen, entscheidenden Augenblick zu verpassen.

Oft wird gesagt, dass die Konzentrationsspanne eines (jungen) Pferdes etwa 20 Minuten betragen würde. Diese Aussage will ich so nicht mittragen.

Man kann ein Pferd, auch ein junges Pferd, durchaus 1-2 Stunden arbeiten und die Konzentration dabei immer wieder „beleben“. Denn meiner Erfahrung nach ist die Konzentration NICHT abhängig von der Zeitdauer, sondern von dem was man vom Pferd verlangt und wie gut das Pferd dieses bereits kann.

Bei einer wenig anspruchsvollen oder bereits bekannten Übung ist die Konzentrationsspanne länger, bei einer schwierigen oder unbekannten Übung dagegen deutlich kürzer.

Während ich bei einer leichten Übung durchaus 10 Minuten am Stück ohne Pause mit einem Pferd arbeiten kann, würde eine schwere Übung schon nach 10 Sekunden eine Pause erfordern.

Wenn ich nun hier von Pause spreche, dann heißt das STEHPAUSE (nicht das Pferd mit langem Hals bewegen) und das unbedingt MINUTENLANG! Solche längeren Pausen, in dem man das Pferd auch nicht belästigt, haben drei Effekte:

  • 1 | Der Körper des Pferdes simuliert das gerade Vermittelte in einer solchen Pause und in der Regel kann das Pferd danach diese Übung auf derselben Hand, bereits etwas besser. Ich habe dafür den Begriff ADAPTIVES KÖRPERLERNEN geprägt. Es ist dabei unerheblich, ob sich das Pferd von äußeren Reizen ablenken lässt – der Körper lernt!
  • 2 | Das Pferd kann sich, bei geringgradiger Müdigkeit wieder erholen und ist nach einer solchen Pause erneut aufnahme- und leistungsfähig.
  • 3 | Das Pferd lernt immer länger stehenzubleiben, was bei kurzen Pausen nicht der Fall wäre.

Wichtig dabei ist allerdings, dass man nicht meint, dass Pferd bei solchen Pausen bespaßen zu müssen. Statt sich dabei mit dem Pferd zu beschäftigen, welches gerade körperlich dabei ist, das vorher Erlernte auch körperlich zu verstehen, sollte man selbst entspannen.

PFERDE LANGWEILEN SICH NICHT!

Sehr häufig bekomme ich zu hören, dass Pferde Abwechslung in der Arbeit brauchen, um sich nicht zu langweilen. Hier aber wird lediglich menschliches Denken und Verhalten auf das Pferd übertragen. Pferde LANGWEILEN sich nicht, wenn man wieder und wieder dasselbe von ihnen verlangt.

Im Gegenteil, nur die stete Wiederholung ist es, die bei konzentrationsschwachen Lebewesen die Motivation erhält.

Denn mit jeder Wiederholung fühlt das Pferd, nein jedes konzentrationsschwache Lebewesen – auch ein betroffener Mensch – sich körperlich ein Stückchen sicherer und kommt von einem Gefühl des KÖRPERLICH UNWOHLFÜHLENS in ein Gefühl des KÖRPERLICH WOHLFÜHLENS. Dies hat große positive Auswirkungen auf die Ausgeglichenheit, Sicherheit und Leistungsbereitschaft des Pferdes.

Zeigen Pferde ÜBERSPRUNGSREAKTIONEN, dann tun sie dies keinesfalls aufgrund von Langweile, wie viele Reiterinnen und Reiter dies ihren Pferden unterstellen. Solche Reaktionen entstehen immer dann, wenn ein Pferd die Übung (noch) nicht versteht, diese noch nicht kann, Schmerzen hat, oder wenn es müde wird. Hier ist die Reiterin, der Reiter gefordert, zu fühlen, die Gründe zu erkennen und entsprechend zu reagieren (MÜDE = PAUSE immer noch MÜDE = Feierabend, selbst wenn man erst 20 Minuten etwas getan hat!).

Meint man dem Pferd Abwechslung bieten zu müssen, ignoriert man tatsächliches Pferdeverhalten und steigert die Unruhe und Unsicherheit des Pferdes. Gleichzeitig zieht man jeden Lernprozess in die Länge.

Pferde sind konzentrationsschwache Lebewesen. Solchen kann man nachhaltig nur Sicherheit und eine gesunde Leistungsbereitschaft erhalten, wenn man, durch stete Wiederholung, auch über mehrere Tage hinweg dem Pferd neue Bewegungs- und Haltungsmuster vermittelt, welche damit zur 2. Natur des Pferdes werden und seinen Fundus an HANDLUNGSOPTIONEN erhöhen.

Ein ständiges für Abwechslungen sorgen wollen (was auch vielen Trainingskonzepte suggerieren) oder das Spielen mit dem Pferd dient nur dazu gegen unsere Langeweile anzugehen, verursacht dem Pferd mehr Stress, als wir uns eingestehen wollen und ändert nichts an der Konzentrationsschwäche!

REITKUNST ist das ruhige, konzentrierte UMFORMEN des Pferdes. Dabei ist die stete Wiederholung, welches die konzentrationsschwache Natur des Pferdes berücksichtigt, ein wesentliches Element zur Gesunderhaltung dieses wunderbaren Lebewesens.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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