Impressionen

Hier finden sie nach und nach Impressionen (Bilder und Videos) aus der Ausbildungs- und Umformungsarbeit an Pferden und Reitern mit relevanten Erläuterungen.



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Ein Konter dem Konterschulterherein

Auszug aus dem Arbeitspapier der LEHRE VOM GRALSWEG

X.1. | Grundsätzliches

X.1.1. | Der Begriff KONTERSCHULTERHEREIN ist im Grunde irreführend, da die Form, in der das Pferd geritten wird, dem eines SCHULTER(N)HEREINS[1] entspricht, vor allem dann, wenn es als KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG [X.2.2. ] auf gerader Linie ausgeführt wird. Lediglich das KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGENER LINIE (Volte, Zirkel) [X.2.3. ] unterscheidet sich von einem normalen Schulter(n)herein dergestalt, dass die Hinterhand einen kleineren Kreis als die Vorhand beschreiten muss und diese dadurch stärker in die Beugung gezwungen werden könnte[2]. Wie beim Schulter(n)herein kreuzen (Hinterhand) bzw. schränken (Vorhand) auch beim Konterschulterherein beide Beinpaare.

X.1.2. | Das KONTERSCHULTERHEREIN in seinen beiden Varianten gehört nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG zu den BEWEGUNGEN IN GEBOGENER FORM DES PFERDES (siehe Bild).

Bei dieser Form ist die Körperlängsachse des Pferdes (Schweifrübe bis Widerrist) gerade[3], die Schultern werden leicht schräg von der Körperlängsachse nach innen[4] gestellt (KP1). Der Hals kommt gerade und zu den Schultern parallel aus diesen heraus. Im Genick-Ganaschenbereich (KP2) wird das Pferd ebenfalls leicht nach innen gestellt, dabei sollte die Nase nicht über eine gedachte Verlängerungslinie der Schultern nach vorne hinausgehen[5].

X.1.3. | Die Regeln der Hilfengebung beim KONTERSCHULTERHEREIN entsprechen vollständig denen des SCHULTER(N)HEREIN.

X.1.4. | Um das KONTERSCHULTERHEREIN grundsätzlich in Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit beurteilen zu können, ist vorab ein wichtige Fragestellung zu klären, die da lautet: Muss ein Pferd den Bewegungsablauf des SCHULTER(N)HEREIN überhaupt erlernen? Häufig wird dieses „Erlernen“ als (Teil)begründung für die Anwendung des Konterschulterherein angeführt. Die Antwort nach der LEHRE VOM GRALSWEG ist ein kategorisches NEIN!

X.1.4.1. | Das SCHULTER(N)HEREIN ist eine technische Bewegung, bei der das Pferd körperlich positioniert (BEWEGUNGEN IN GEBOGENER FORM DES PFERDES) und durch Reduzieren des Vorgriffs des äußeren Vorderbeins (HALBE PARADE) die Vorwärtsbewegung in die nötige Seitwärtsbewegung gebracht werden kann. Dies ist alleine über den korrekten Sitz und die korrekte Hilfengebung nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG möglich und entbindet damit das Pferd vom „Erlernen“ des Schulter(n)herein. Lediglich bei Pferden die am Beginn ihrer Ausbildung stehen oder die verritten wurden und korrigiert werden müssen, mögen die Bewegungen während der ersten Ausführungen noch etwas ungelenkig ausfallen[6], dennoch werden auch diese Pferde zu einem mehr oder weniger gutem Schulter(n)herein geformt und geführt werden können.

X.1.4.2. | Nicht das Beibringen des Schulter(n)herein, was damit als Begründung für das KONTERSCHULTERHEREIN entfallen kann, ist deshalb die Aufgabe des Reiters, sondern die qualitative Verbesserung des Schulter(n)herein, hin zur maximal möglichen gymnastischen Wirkung bei geringster Belästigung des Pferdes!

X.2. | Varianten des Konterschulterherein

X.2.1. | Allgemein

X.2.1.1. | Grundsätzlich kann man von zwei Arten des KONTERSCHULTERHEREIN sprechen. Diese unterscheiden sich in ihrer Ausführung und Wirksamkeit durchaus deutlich. Diese beiden Varianten sind: KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG (Bande) und KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGENER LINIE (Volte, Zirkel). 

X.2.2. | Gegen eine Begrenzung

Bei der 1. VARIANTE, dem KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG, welche sich großer Beliebtheit erfreut, wird das Pferd mit der Nase zu einer Begrenzung, i.d.R. eine feste Bande, gestellt und im Schulter(n)herein gegen diese geritten.

X.2.2.1. | Die Intensionen, die zum KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG führen, sind zweierlei. Einerseits soll das Pferd auf diesem Wege das Schulter(n)herein erlernen, was es nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG überhaupt nicht nötig hat [X.1.4.]  und andererseits erwartet man, durch das gegen die Begrenzung arbeiten, ein stärkeres Untersetzen und Beugen der Hinterhand.

X.2.2.2. | Dem Reiter wird das Arbeiten im Schulter(n)herein beim KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG dadurch erleichtert (Vorteil), dass durch die Begrenzung dem Pferd die HAUPTBEWEGUNGSRICHTUNG (Vorwärts) verschlossen bleibt und der Reiter so in der Lage ist, das Pferd leichter in eine Seitwärtsbewegung zu nötigen. Ich schreibe hier ganz bewusst von Nötigung, denn nichts anderes ist es!

X.2.2.3. | Grundsätzlich sei angemerkt, dass es sich beim KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG lediglich um ein ganz normales Schulter(n)herein auf gerader Linie handelt, welches aber durch die Begrenzung vor der Nase des Pferdes zu einer Vielzahl von Nachteilen im Vergleich zur normalen Variante führt, welche manche der, oft zur Begründung dieser Variante des Konterschulterherein angeführten Vorteile, in Gänze aufwiegen.

X.2.2.3.1. | Das Pferd wird beim KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG massiv in Zwang gesetzt – vorne die Begrenzung, hinten die Beine des Reiters. Dies führt dazu, je nach Fähigkeit des Reiters und damit abhängig von der Qualität der Ausführung, dass die Pferde, mehr oder weniger stark über die äußere Schulter und/oder Kruppe in die Seitwärtsbewegung fallen. Dadurch entstehen starke ungleiche Belastungen, verbunden mit der Gefahr struktureller Schädigungen (Gelenke, Sehnen, Bänder, Muskeln …), vor allem dann, wenn das Pferd dabei zu schnellen Bewegungen genötigt wird.

X.2.2.3.2. | Das Arbeiten im KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG versetzt das Pferd in einem sehr hohen Maße unter starken körperlichen Stress, dieser ist verbunden mit einem hohen Energieverbrauch, was wiederum einen schnelleren Leistungsabfall zur Folge hat.

X.2.2.3.3. | Die genannten Stressoren beim KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG bewirken zu den rein körperlichen Auswirkungen, des Weiteren noch ein deutliches Abfallen der Lernkurve, was die Ausbildungszeit verlängert (Ineffizienz).

X.2.2.4. | Da das Pferd grundsätzlich das SCHULTER(N)HEREIN nicht erlernen muss, sondern dieses vom Sitz und der korrekten Hilfengebung des Reiters nach der LEHRE VOM GRALSWEG abhängig ist, gleichzeitig aber die körperlichen Stressfaktoren und die Gefahr struktureller Schädigungen beim Pferd hoch sind, kann das KONTERSCHULTERHEREIN GEGEN EINE BEGRENZUNG (insbesondere in erhöhtem Tempo) in keinster Weise empfohlen werden!

X.2.2.5. | HISTORISCHER ABRISS | De la Guérinière schrieb 1733 über das Arbeiten eines Pferdes gegen eine Begrenzung zum Zwecke diesem das Seitwärtsgehen zu lehren, folgende Worte:

Diejenigen, die den Kopf eines Pferdes an die Mauer stellen, um es zur Seite gehen zu lehren, verfallen in einen Fehler, dessen nachtheilige Folgen sich leicht zeigen lassen. Auf diese Art lernt es eher aus Gewohnheit, als auf die Hülfen der Hand und Schenkel, gehen, und wenn man es von der Mauer wegnimmt, und in der Mitte der Reitbahn zur Seite richten will, wo es keinen Gegenstand mehr hat, der ihm  alsdann zum Gesichtspunkte dient, so gehorcht es nur unvollkommen der Hand und dem Schenkel, welches denn doch die einzigen Wegweiser sind, deren man sich zur Führung eines Pferdes in allen seinen Gängen bedienen darf. Ein anderer Nachtheil, der aus dieser Schule entspringt, ist: daß das Pferd, anstatt den äussern Schenkel über den innern zu setzten, öfters denselben aus Furcht, entweder den auf der Erde stehenden Schenkel mit dem Eisen zu treten, oder aber mit dem Knie [Karbalgelenk – Anm.d.Red.]  in dem Zeitpunkt gegen die Mauer zu stoßen, wenn es den Schenkel hebt, und denselben über den andern zu setzten, vorwärts führt, darunter wegsetzt.[7]

Auch de la Guérinière ging wie alle (bekannten) Meister (siehe auch de la Broue im Folgenden) und Reiter nach ihm, von der Fehlannahme aus, dass man den Pferden das SCHULTER(N)HEREIN (respektive das Seitwärtsgehen) lernen müsse. Die Vorgehensweisen der LEHRE VOM GRALSWEG widerlegen diese Annahme. Lediglich der korrekte Sitz und die korrekte Hilfengebung nach meiner Lehre, reichen aus, das Pferd von Anfang an in einer Schulter(n)herein-Bewegung gehen zu lassen. Nur die Qualität der Ausführung wird mit fortschreitender Übung durch Verbesserung der Körperlichkeit beim Pferd zunehmen.

Klar weist de la Guérinière allerdings auf die Problematiken hin und ergänzt diese in seinem Werk auch noch mit Aussagen von de la Broue[8]:

Herr de la Broue ist dieser Meinung, wenn er den Rath giebt, daß man, um Pferde zum Schenkelweichen zu bringen, nur bei solchen von der Mauer Gebrauch machen müsse, die in der Hand liegen, oder hineinziehen. Weit entfernt aber, den Kopf so nahe an der Mauer zu stellen, sagt er, müsse man das Pferd zwei Schritte diesseits der Mauer halten, welches ohngefähr eine Entfernung von fünf Schuhen[9] [1,625 m – Anm.d.Red.] , von dem Kopf des Pferdes bis zur Mauer ausmacht.[10]

X.2.3. | Auf gebogener Linie

Die 2. VARIANTE, das KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGNER LINIE (Volte, Zirkel), bei dem das Pferd den offenen Raum vor sich hat und die Hinterhand einen kleineren Kreis als die Vorhand beschreiten muss, weißt – auch bei korrekter Ausführung[11] – gegenüber dem SCHULTER(N)HEREIN keinen zusätzlichen Nutzen auf, welcher nicht durch Nachteile für das Pferd erkauft werden müsste.

X.2.3.1. | Das KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGNER LINIE kann sowohl auf einem Zirkel, als auch auf einer Volte geritten werden. Wichtig dabei ist, dass die Hinterhand in einer guten Vorwärtsbewegung bleibt. Keinesfalls darf sie auf der Stelle „hüpfen“. Ist dies der Fall, dann ist die Volte zu klein angelegt und/oder die Zügeleinwirkungen (z.B. HALBE PARADEN) erfolgten zu hart.

X.2.3.2. | Durch das KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGENER LINIE kann ein stärkeres Kreuzen (Schränken) der Vorhand und damit ein vermehrtes Entbinden der Schultern gefördert werden. Wichtig dabei ist, wie generell bei BEWEGUNGEN IN GEBOGENER FORM DES PFERDES, das das äußere Vorderbein des Pferdes eine Vorwärts-Seitwärtsbewegung erhält und nicht seitlich kippt. Dies kann im Konterschulterherein auf gebogener Linie nur bei vier gleichen Hufabständen einigermaßen sicherzustellen werden.

X.2.3.3. | Beim KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGENER LINE beschreibt die Hinterhand einen kleineren Kreis als die Vorhand. Dadurch treten die Hinterbeine kürzer und das Pferd kippt vermehrt über die äußere Kruppe. Dies widerspricht dem grundsätzlichen Prinzip des Schulter(n)herein, nach dessen Definitionen durch das Einkreuzen des inneren Hinterbeins die äußere Schulter des Pferdes angehoben werden solle. Dieses Kippen über die äußere Kruppe lässt sich auch bei korrekter Form des Pferdes nach dem Prinzip der BEWEGUNGEN IN GEBOGENER FORM DES PFERDES nicht verhindern.

X.2.3.4. | Dies zusammengenommen macht auch das KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGENER LINE zu einem schwierigen Unterfangen und kann bei fehlerhafter (in der Masse der Fälle wahrscheinlicher) Ausführung, die Gesundheit des Pferdes durchaus stark beeinträchtigen. Der mögliche Nutzen steht dazu in keinem sinnvollen Verhältnis, so dass auch diese Variante des KONTERSCHULTERHEREIN nicht empfohlen werden kann[12]!

X.3. | Zusammenfassung

X.3.1. | KONTERSCHULTERHEREIN kann in zwei unterschiedlichen Varianten ausgeführt werden. Diese sind: KONTERSCHULTERHEREN GEGEN EINE BEGRENZUNG und KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGENER LINIE.

X.3.2. | Damit KONTERSCHULTERHEREIN Sinn macht, muss es zumindest dem SCHULTER(N)HEREIN in seinem Nutzen gleichwertig, in einzelnen Elementen (zum Zwecke der Korrektur) einen besonderen Nutzen bringen oder ein Lerneffekt für das Pferd gegeben sein.

X.3.3. | Bei keinen der beiden Varianten des KONTERSCHULTERHEREINS ist auch nur annähernd ein Nutzenvorteil gegenüber dem SCHULTER(N)HEREIN gegeben. Im Gegenteil, die Risikofaktoren für die Gesundheit des Pferdes überwiegen bei Weitem manch genannten, vermeintlichen Nutzens.

X.3.4. | Das Pferd muss ein korrektes SCHULTER(N)HEREIN nicht erlernen. Über den korrekten Sitz und der korrekten Hilfengebung nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG kann jedes Pferd Schulter(n)herein gehen, wobei sich die Qualität der Ausführung durch stetes Üben mehr und mehr verbessert – bis hin zum maximal möglichen gymnastizierungstechnischen Effekt. Ein KONTERSCHULTERHEREIN zum Zwecke des Erlernens desselben ist nicht notwendig.

X.3.4. | RESÜMEÉ | Im Sinne der Ausbildungseffizienz und der geringstmöglichen Belästigung sowie potenzieller Gesundheitsschädigung des Pferdes kann nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG keine der beiden Varianten empfohlen werden! Das Erlernen des korrekten Sitzes und konzentriertes, diszipliniertes Arbeiten im SCHULTER(N)HEREIN stellt für Reiter und Pferd die bedeutend sinnvollere und effizientere Vorgehensweise dar!

X.3.5. | SCHLUSSBEMERKUNG | Aus den aufgeführten Gründen wird KONTERSCHULTERHEREIN in der LEHRE VOM GRALSWEG nicht als SCHULE geführt, sondern lediglich der Vollständigkeit halber erwähnt.


Autor: Richard Vizethum | Schule der Hippologie | Auszug aus der LEHRE VOM GRALSWEG


[1] Das Schulter(n)herein im klassischen Sinne ist immer ein 4-spuriges Schulterherein entgegen der 3-spurigen Variante der FN/FEI, bei dem die Hinterhand keine Kreuzbewegung ausführt. In der „Richtlinie für Reiten und Fahren“ entspricht das sogenannte SCHENKELWEICHEN in etwa dem klassischen und weitaus sinnvolleren 4-Spur-Schulter(n)herein. Wobei, dies sei auch hier angemerkt, das FN-Schenkelweichen nicht dem klassischen Schenkelweichen entspricht, welcher in meiner LEHRE VOM GRALSWEG vermittelt wird.

[2] Je kleiner der gerittene Kreis, desto stärker könnte die Beugung der Hinterhand ausfallen. Ich betone hier bewusst „könnte“, denn es bedarf beim Pferd bereits ein hohes Maß an der Fähigkeit seine Hinterhand vorzusetzen und zu beugen (die bei den allermeisten Pferden so gut wie nicht gegeben ist). Auch muss die Hilfengebung des Reiters perfekt sein. Ist dies nicht sichergestellt, so ist die Gefahr der gesundheitlichen Schädigung des Pferdes relativ hoch.

[3] Die Körperlängsachse ist im Bereich der Wirbelkörper weitestgehend gerade. Lediglich durch die Rotation nach innen-unten, entsteht der Eindruck eines, auch in diesem Bereich gebogenen Pferdes.

[4] Innen wird immer definiert über die Seite des Pferdes, welche wir hohl stellen.

[5] Geht die Nase über diese Verlängerungslinie hinaus, wird das Gewicht des Kopfes, welches über die Linie hinausgeht, nicht mehr von den Vorderbeinen abgestützt und das Pferd neigt sich in diese Richtung. Um dies zu kompensieren wird es eine Ausgleichsbewegung nach Außen, über die äußere Schulter ausführen – d.h. über die äußere Schulter laufen.

[6] Das noch untrainierte oder schlecht ausgebildete Pferd kennt seine Hinterhand von Natur aus nicht und lernt sie erst durch Bewegungen, wie beispielsweise dem Schulter(n)herein kennen. Aus diesem Grund können zu Beginn der Arbeit am Schulter(n)herein die Bewegungen des Pferdes noch sehr ungelenkig ausfallen, was sich aber bei konsequenter, disziplinierter Arbeit schnell ändert.

[7] Francois Robichon de la Guérinière | „Reitkunst“ | dt. Übersetzung von J. Daniel Knöll 1817 |Verlag Olms | Seite 197

[8] Dieser Verweis auf Salomon de la Broue (1530 – 1610) lässt einen interessanten Rückschluss bezüglich des SCHULTER(N)HEREIN (auf gerader Linie) zu, dessen „Erfindung“ man de la Guérinière auf Basis der Vorarbeit durch William Cavendish, dem 1. Herzog von Newcastle (1592 – 1676) auf Volte, zuschreibt. Explizit wird in der deutschen Übersetzung bei der Arbeit von de la Broue gegen eine Begrenzung von SCHENKELWEICHEN gesprochen, tatsächlich aber dürfte es bereits ein KONTERSCHULTERHEREIN gewesen sein und dieses auf gerader Linie. Dies würde bedeuten, dass der Bewegungsablauf des Konterschulterherein und damit auch des Schulter(n)herein auf gerade Linie bereits lange vor de la Guérinière bekannt gewesen sein dürfte.

[9] Schuh = Fuß = Pariser Fuß = 0,325 m

[10] Francois Robichon de la Guérinière | „Reitkunst“ | dt. Übersetzung von J. Daniel Knöll 1817 |Verlag Olms | Seite 197f

[11] Schultern dürfen nicht fallen!

[12] Lediglich in KORREKTUR-Notwendigkeiten (Öffnen, Entbinden der Schultern des Pferdes) kann man das KONTERSCHULTERHEREIN AUF GEBOGENER LINIE in sehr kurzen Reprisen nutzen. Dabei ist bei der Ausführung ein besonderes Augenmerk auf vier gleiche Hufabstände zu richten.

Die 10 Gebote des Verladetrainings

Die 10 Gebote des Verladetrainings

Mal 10 Gebote (gibt noch ein paar), die man beim Verladetraining eines Pferdes beachten sollte …

  1. Die drei wichtigsten Eigenschaften, die man beim Verladetraining besitzen sollte: GEDULD, GEDULD und nochmal GEDULD!
  2. Mache das Verladetraining nicht zu einem Event!
  3. Habe KEINE ERWARTUNGSHALTUNG! Erwartungen emotionalisieren.
  4. Kontrolliere Deine EMOTIONEN, denn diese stören immer und überall und tragen dazu bei, VERTRAUEN zu zerstören. Emotionen trüben die Wahrnehmung und führen zu falschen Reaktionen oder schlechtem Timing (gilt grundsätzlich!).
  5. Trau keinem Trainer, der das Pferd außerhalb des Hängers unter Stress setzt, damit dieses den Hänger als etwas Anzustrebendes betrachtet.
  6. Druck hat aber dennoch beim Verladetraining seine Berechtigung und Notwendigkeit, setzt aber sehr viel Feingefühl und das Gespür für den richtigen Moment voraus (deshalb: Emotionskontrolle!).
  7. Schau dem Pferd beim Verladen NIEMALS in die Augen. Direkter Augenkontakt fordert das Pferd zum Zurückweichen auf (Sprache der Pferde).
  8. Bewege Dich ruhig und (authentisch) souverän. LOBE jeden noch so kleinen Schritt (ebenfalls authentisch – deshalb KEINE Erwartungshaltung), den das Pferd in die richtige Richtung tut. Strafe aber keinen Fehltritt (außer es tritt nach Dir!).
  9. Nachhaltigkeit ist wichtiger als ein schneller Erfolg. Gibt Dich schon mit einem guten Zwischenergebnis zufrieden. Dieses bisschen mehr an Zeit zahlt sich aus.
  10.  Lässt sich das Pferd gut und sicher verladen, fahr keine „Runde um den Block“, damit es „sich ans Fahren gewöhnt“. Ein Pferd braucht 30 bis 50 km (bei seiner 1. Fahrt) um sich gut ausbalancieren zu können. Erst dann lässt auch der dadurch bedingte Stress nach und das Pferd wird sich auch in Zukunft sicher verladen lassen.

Autor: Richard Vizethum | Schule der Hippologie

Unterhals ist nicht gleich Unterhals

Spricht man beim Pferd von einem UNTERHALS, so hat man dabei immer einen muskulären Unterhals am Arm-Kopf-Muskel (Oberarm-Kopfmuskel, Brachiocephalicus) als Bild vor Augen. Tatsächlich aber muss man das, was man optisch als Unterhals wahrnimmt, noch einmal differenzieren und zwar in einen MUSKULÄREN UNTERHALS, der eben den Brachiocephalicus betrifft und einen, wie ich es nenne INFRASTRUKTURELLEN UNTERHALS, der durch eine stark nach unten-vorne gebogene Halswirbelsäule entsteht, welche dabei auch die Luft- und Speiseröhre nach unten-vorne herausdrückt.

Grundsätzlich könnte durch entsprechendes Training, in Form einer korrekten und gewissenhaften FORMUNG des Halses, sowohl der MUSKULÄRE UNTERHALS, als auch der INFRASTRUKTURELLE UNTERHALS (durch AUFWÄRTS-VORWÄRTS-DEHNUNG unter Mitnahme der RÜCKENLINIE) beseitigt werden. Hat das Pferd allerdings bereits ARTHROSE in der Halswirbelsäule, welche sich  in der Regel bei den unteren Halswirbeln findet, so ist eine AUFWÄRTS-VORWÄRTSDEHNUNG nur noch sehr eingeschränkt bis gar nicht mehr möglich [1]

ARTHROSEN in der unteren Halswirbelsäule entstehen sehr häufig durch Dauerreizung, wenn ein Pferd beispielsweise ständig mit SCHLAUZÜGEL geritten wird (oder wurde). Sogenannte HILFSZÜGEL – und schon der Name ist eine Farce – schaden eher dem Pferd und stiften nur für den Reiter (dessen Wissen an Grenzen gestoßen ist) einen mehr als fragwürdigen Nutzen.

In den folgenden Bildern sehen wir eine 21-jährige Trakehner-Stute, die sich im Besitz einer älteren Dame befindet. Die Stute, die einen starken Vorwärts-Drang hat,  wurde Vorwärts-Abwärts und über einen längeren Zeitraum auf Anraten einer Reitlehrerin auch mit SCHLAUFZÜGEL geritten. Diese Form der Reiterei brachte das Pferd dazu, schwer in die Hand der Reiterin zu gehen und statt feines Reiten (was durch V/A-Reiterei nicht seriös möglich ist) entstand ein Kräftemessen mit dem Pferd. Der Einsatz der Schlaufzügel war sicherlich der verzweifelte Versuch einer, mit ihrem Wissen am Ende befindlichen Reitlehrerin, die Stute für die Besitzerin händelbarer zu machen.

Als ich sie kennenlernte, hatte die Stute eine massive Trageerschöpfung und ging extrem gegen die Hand, was einer deutlichen Vorwärts-Abwärtsneigung der Rückenlinie geschuldet war. Die Stute fiel nach Vorwärts und damit auch in die Hand der Reiterin, die sie kaum halten konnte.

Der Querarm war nahezu waagerecht, das heißt, die vordere Hauptfederung (Buggelenk), war nicht mehr in der Lage das FALLEN abzufangen. Die begrenzte Möglichkeit des Ellbogen-Gelenks die Vorwärts-Abwärts-Bewegung nach unten weiterzuführen (was auch gut so ist, sonst würde ein Pferd nur auf die Nase fallen), führte zu einem Mehr an Rückständigkeit der Vorderbeine und damit zu einer weiteren Verstärkung des Vorwärts-Abwärtsdrucks.

Die Stute wies sowohl einen MUSKULÄREN als auch einen INFRASTRUKTURELLEN UNTERHALS auf. Durch entsprechende UMFORMUNGSARBEITEN konnte der MUSKULÄRE UNTERHALS nahezu beseitigt werden, der INFRASTRUKTURELLE UNTERHALS allerdings konnte nicht verändert werden, was auf Arthrose in den unteren Halswirbeln schließen lässt. Auch diverse Abwehrbewegungen bestätigen diese, meine Einschätzung in diese Richtung.

Aktuell arbeite ich daran, den Trensengehorsam der Stute dadurch zu verbessern, dass man durch (inzwischen) immer weicheres Annehmen der Zügel, die Stute versucht zum Nachgeben und AUFWÄRTS-VORWÄRS-DEHNEN zu bringen. Die Arbeit mit den SCHLAUFZÜGELN hat dazu geführt, dass die Leidensfähigkeit der Stute sehr hoch ist. Sie hat nachhaltig gelernt gegen den Druck und in den Schmerz zu gehen. Durch ein sehr geduldiges Arbeiten wird nun der Stute gezeigt, dass sie nicht in den Druck gehen muss, um sich zur Wehr zu setzten, sondern dass es eine sanfte Alternative – frei von Schmerzen – für sie gibt, welche sie gerade lernt, diese für sich anzunehmen. Dabei darf aber nicht verschwiegen werden, dass zu Beginn dieser „Umschulung“ (hin zur Nachgiebigkeit) oft mit erheblichem, gleichmässig stärker werdenden Druck eingewirkt werden musste.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass die Idee, das „Pferd müsse den Zügel suchen“ und sich „zum Zügel hin dehnen“, völliger Unsinn ist! Korrekterweise muss das Pferd lernen, das Mundstück anzunehmen und den Druck, den dieses auf Zunge, Lade oder Mundwinkel ausübt selbstständig zu neutralisieren, in dem sie sich VORWÄRTS-AUFWÄRTS in den durch die Zügel definierten, verfügbaren Raum zu dehnen lernt, was in letzter Konsequenz ein zartes WEICHEN vom Mundstück bedeutet.

Heute (16.05.2023) wurde ein großer Durchbruch erzielt. Die Stute gab immer weicher nach. Wo einst beide Hände mächtig Kilo zu spüren bekamen, reichten plötzlich zwei Finger, um sie vom Zügel weichen zu lassen.

Diese Arbeit erfolgte zunächst im Stand, vom Boden und Sattel aus. Sukzessiv wird in der weiteren Arbeit Bewegung dazu genommen, denn der Bewegungsdruck verändert erstmal wieder alles.

Doch die Saat der Nachgiebigkeit ist gesetzt und die Pflanze wird nun immer schneller, auch in der Bewegung, wachsen.


Autor: Richard Vizethum | Schule der Hippologie


[1] Dennoch kann man die RÜCKENLINIE durch entsprechende Formung des Halses mit der Halswirbelsäule zusammen anheben.


Beitragsbild:
Aufsatzzügel beim US-amerikanischen Pleasure Harness, der Aufsatzzügel ist so kurz verschnallt, dass er das scharfe Aufsatzzügelgebiss im Maul hochzieht, das Martingal ist so kurz verschnallt, dass es die Leinen bricht, das Pferd hat keine Bewegungsfreiheit und kann nicht entspannt gehen, die Kopfhaltung ist hoch und der Unterhals herausgedrückt, Leinenaugen nur am Kammdeckel

Quelle: Von Jean – originally posted to Flickr as Saddlebred Stallion in Harness, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12122430

Schwitzen – gesund oder nicht?

Sobald das Pferd zu schwitzen beginnt, ist dadurch bewiesen, dass der Reiter mit seinen Forderungen das Maß überschritten hat.

Faverot de Kerbrech

Francois Nicolas Guy Napoléon Faverot de Kerbrech (1837 – 1905) war nicht nur ein Schüler von Francois Baucher (Als Captain in den 1860-Jahren), sondern auch Kavallerieoffizier, Écuyer von Kaiser Napoleon III und ständiger Generalinspektor für Kavallerie-Remonten. Also durchaus jemand, dem man einen großen reiterlichen Sachverstand unterstellen kann.

Seinen Worten möchte ich einmal die Aussage von Isabelle von Neumann-Cosel, Richterin bis Klasse L und Reitlehrerin aus dem badischen Mannheim gegenüberstellen, für welche die Schweißflecken eines Pferds ein sicheres Indiz für korrektes Reiten seien. Außerdem dienen sie ihrer Meinung nach als Motivationsschub: Es ist schwer, dem Schüler das Gefühl weiterzugeben, etwas richtig gemacht zu haben. Schweiß ist ein greifbarer Beweis (Cavallo 2012).

Diametraler könnten zwei Aussagen nicht sein. Da der Kavallerieoffizier, der Pferde kennt, die am Tag mehrere Stunden, zum Teil unter extremster Belastung gehen mussten und hier die neuzeitliche Richterin und Reitlehrerin, welche von Pferden spricht, die kaum wirklich großen Belastungen ausgesetzt sind.

So wie hier die Ansichten auseinanderlaufen, so different sind auch die allgemeinen Ansichten zum Thema „schwitzende Pferde“. Insbesondere für die neuzeitliche Reiterei sind schwitzende Pferde ein Markenzeichen geworden.

Nun, schauen wir uns mal das Pferd an …

Das Pferd hat eine geringere Hautoberfläche als der Mensch (pro kg Körpergewicht nur die halbe Oberfläche), was zwar hilft, mit Kälte ganz gut zurechtzukommen, das Herunterkühlen des Körpers bei Hitze aber nicht so leichtfällt.

Hinzu kommt ein, durch das Schwitzen bedingter hoher Salzverlust. Der entstehende Mangel reduziert u.a. die Leistungsbereitschaft des Pferdes. Sinkt die Leistungsbereitschaft, steigt der Stress und das (Stress)Schwitzen nimmt zu.

Schlechter trainierte Pferde schwitzen mitunter etwas später, dafür umso heftiger. „Alles, was tropft, kann nicht zur Thermoregulation genutzt werden und hat keine Kühlwirkung“[1] und trägt dabei ebenfalls zu Leitungsverlusten bei.

Je besser ein Pferd trainiert ist, desto schneller, aber effizienter schwitzt es, weil es besser auf Leistung vorbereitet ist! Dies gilt für Pferd und Mensch gleichermaßen. Die erste Maßnahme ist (wie grundsätzlich): RICHTIGES TRAINING!

Durch Training wird auch das Kühlsystem optimiert. Es weiß nach einiger Zeit schon kurz nach Trainingsbeginn, dass es bald ggf. auf Hochtouren arbeiten muss. Es fängt also früher mit der Schweißproduktion an – dafür aber eben auch effizienter.

Denn die trainierten Schweißdrüsen können die benötigte Menge des abzugebenden Wassers besser einschätzen und geben dadurch weniger Flüssigkeit und damit auch weniger Mineralien ab. Da das Schwitzen schneller beginnt, steigt die Körpertemperatur später auch langsamer an.

Schwitzt das Pferd also sehr stark, ist es meist über seiner Leistungsgrenze und damit im Stressbereich.

Es gibt nach meiner Erfahrung grundsätzlich zwei Arten von Schweiß: Leistungsschweiß und Stressschweiß. Während der Leistungsschweiß durch eine eher wässerige Konsistenz gekennzeichnet und weniger sichtbar ist, erkennt man den Stressschweiß an einer zum Teil deutlich klebrigeren Zusammensetzung, häufig auch mit weißem Schaum[2].

Dabei spielt, nach einer Studie von 2009, ein Protein namens Latherin, ein Eiweißstoff, eine zentrale Rolle. In der Studie aber kommt man zu dem Schluß, dass dieses Protein die Thermoregulierung unterstützen würde, in der Form, dass durch Latherin, der normal wässrige Schweiß das (nach Meinung der Forscher) ölige Pferdefell leichter benetzen könne, was die Verdunstung und den Kühleffekt verbessern würde.

Mit Verlaub, dieser Schlussfolgerung möchte ich in aller Deutlichkeit widersprechen!

Alle Pferde, die ich erleben musste, welche Schaumbildungen (nicht an Reibungsstellen) oder stark tropfenden Schweiß hatten, waren über ihrer Leistungsgrenze! Der überhitzte (unabhängig von der Jahreszeit) Körper versuchte sich (verzweifelt) herunter zu kühlen. Dazu mag sicher Latherin seinen Beitrag leisten, als positives Zeichen würde ich dies aber definitiv nicht werten wollen! Natürlich können Pferde in ihrem Schwitzverhalten voneinander abweichen, aber in der Regel zeigt zu viel Schweißbildung oder gar Einschäumen eine zu hohe Belastung, ein Überschreiten der Leistungsgrenze an.

Auch eine hohe Nervosität bei Pferden kann zu extremer Schweißbildung führen. Ich erlebte mal ein Pferd, welches innerhalb von ein paar Sekunden klatschnass geschwitzt war – aus Stress! Dabei hatte es sich nicht mal bewegt, sondern musste nur miterleben, dass sich die Herde entfernte (Stressschweiß).


Autor: Richard Vizethum | Der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie |
ursprünglich auf Trust-your-Horse veröffentlicht (2019)


[1] Tierärztin Dr. Julia Vietmeier aus Kalletal/Nordrhein-Westfalen

[2] An Stellen, an denen Reibung entstehen kann, wie beispielsweise zwischen den Pobacken oder unter dem Sattel, ist dies nicht notwendigerweise ein Zeichen von STRESSSCHWEISS. Diese „Schaumkronen“ entstehen leicht bei Reibung.

Das Viborgsche Dreieck und die Ohrspeicheldrüse

Das Viborgsche Dreieck und die Ohrspeicheldrüse

oder der furchtbare Geist der Moderne

Das folgende Bild, stammt von einem Tierarzt,  welcher zum einen für Vorwärts-Abwärts-Reiten und zum anderen (nennen wir es mal so) für eine etwas robuste Argumentation gegen jeden, der seiner Meinung nicht folgt, bekannt ist. Es soll den Bereich des sogenannten VIBORGSCHE DREIECK zeigen.

Seiner Meinung nach sollte selbst in höchster Aufrichtung des Pferdes eine EINZIEHUNG der OHRSPEICHELDRÜSE zu sehen sein. Was heißt, die Ohrspeicheldrüse müsste nach innen, hinter den Ganaschenknochen verbracht werden. Dabei sollte sich das Viborgsche Dreieck, wie auf dem Bild dargestellt, zeigen.

Unabhängig davon, dass das Viborgsche-Dreieck, welches begrenzt wird vom Angulus mandibulae (7), der Vena linguofacialis (c) und einer Sehne des Musculus sternomandibularis (8), deutlich kleiner ist als von ihm auf Bild 1 dargestellt (die Angaben in den Klammern beziehen sich auf das Beitragsbild), würde ein EINZIEHEN der Ohrspeicheldrüse den Raum zwischen den Ganaschen deutlich verkleinern – sprich die Ganaschenfreiheit reduzieren!

Des Weiteren würde es die Atmung beeinträchtigen, denn je nach Dicke der Ohrspeicheldrüse, kann mehr oder weniger starker Druck auf die Luftröhre ausgeübt werden.

Wenn man von GANASCHENFREIHEIT spricht, dann ist der Bereich zwischen den beiden Ganaschenknochen gemeint. Hier sollten, versucht man eine Faust von untern nach oben, mit den Fingerknochen nach oben, reinzulegen, mindestens 4 Finger reinpassen. Denn zwischen diesen beiden Knochen soll der Vorhals Platz finden (nur in der höchsten Aufrichtung!), so dass das Pferd seine Nase leicht an die Senkrechte FALLEN LASSEN KANN.

Zur Ganaschenfreiheit kurz als Zwischenbemerkung eingeschoben, einer jener falschen und völlig unqualifizierten Aussagen dazu, die in der Reiterwelt die Runde machen:

Die Ganaschen befinden sich an der Kehle des Pferds. Sitzen dort viel Fett und Muskeln, hat es kaum Ganaschenfreiheit. Soll es am Zügel gehen, wird seine Ohrspeicheldrüse durch das umliegende Gewebe gequetscht. Der Fachbegriff heißt „eng in der Ganasche“. Solche Pferde lassen sich nur schwer durchs Genick reiten. Winkelt das Pferd den Kopf an, treten an der Seite dicke Wülste hervor. Bei einem Pferd mit guter Ganaschenfreiheit sollten in die Vertiefung an der Kehle mindestens zwei Finger passen„. (CAVALLO – 01.08.2010)

Dazu aber muss die Ohrspeicheldrüse mit Hilfe spezieller Übungen durch die Ganaschenknochen nach Außen gehebelt und damit auch weich gemacht werden.

Durch eine eingezogene Ohrspeicheldrüse wären ein solcher Raum und die sich damit verbunden Möglichkeiten (max. Aufrichtung / Nase an Senkrechte fallen) NICHT gegeben. Nun gut, bei einem aktiv Vorwärts-Abwärts trainiertem Pferd kommt man sowieso nie in die Verlegenheit ein korrekt aufgerichtetes Pferd zu reiten …

Quelle: Beitragsbild (ohne das eingezeichnete rote Dreieck = tatsächliches Viborgsche Dreieck) „Atlas der angewandten Anatomie der Haustiere“ – Artikel in SAT Schweizer Archiv für Tierheilkunde · Juni 2004. Als PDF in meiner Literatursammlung.


Autor: Richard Vizethum | Schule der Hippologie | Ursprünglicher Artikel aus dem Jahre 2020

Die Stille Post reiterlichen Wissens

Die Stille Post reiterlichen Wissens

Es war einmal ein großer Lehrer, der hatte einen Schüler, dem er sein Wissen vermittelte.

Dieser Schüler nahm das Wissen des Meisters, reduzierte es um das, was er nicht verstand und/oder nicht mochte und ergänzte es um eigene Ideen. Dann wurde der Schüler selbst zum Lehrer, der einem Schüler sein Wissen vermittelte.

Dieser Schüler nahm das Wissen des Meisters, reduzierte es um das, was er nicht verstand und/oder nicht mochte und ergänzte es um eigene Ideen. Dann wurde der Schüler selbst zum Lehrer, der einem Schüler sein Wissen vermittelte.

Dieser Schüler nahm das Wissen des Meisters, reduzierte es um das, was er nicht verstand und/oder nicht mochte und ergänzte es um eigene Ideen. Dann wurde der Schüler selbst zum Lehrer, der einem Schüler sein Wissen vermittelte.

Dieser Schüler nahm das Wissen des Meisters, reduzierte es um das, was er nicht verstand und/oder nicht mochte und ergänzte es um eigene Ideen. Dann wurde der Schüler selbst zum Lehrer, der einem Schüler sein Wissen vermittelte.

Dieser Schüler nahm das Wissen des Meisters, reduzierte es um das, was er nicht verstand und/oder nicht mochte und ergänzte es um eigene Ideen. Dann wurde der Schüler selbst zum Lehrer, der einem Schüler sein Wissen vermittelte.

Und alle glaubten, sie lehrten nach den Prinzipien des großen Lehrers der Vergangenheit, der am Anfang dieser Kette stand.

Denkt mal darüber nach!

P.S. Mit dem geschriebenen Wort ist es noch schlimmer!


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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Sitzen lernt man nicht alleine

Von der Haltung des ganzen Körpers zu Pferde, hängt sehr die Sicherheit des Reiters selbst, und die Sicherheit seiner Führung und seiner Hilfen, ab, daher muß auf den Sitz des Reiters bei allen Bewegungen des Pferdes, die größte Sorgfalt gewendet werden.

Schreiner, Franz Xaver Joseph | „Die Reitkunst theoretisch-praktisch dargestellt“ | Verlag Joseph Lindauer – München | 1821 | Seite 204

Kein noch so großes Talent kann den korrekten Sitz intuitiv und ohne fremde Hilfe erlernen!

Ich werde in diesem Beitrag nicht darüber reden, wie ein korrekter und kommunikativer REITERLICHER SITZ im Detail aussieht, und wie er zur Anwendung kommt. Das mache ich gerne und sehr ausführlich in meinen Reitstunden und Praxiskursen, wo ich den Sitz nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG vermittle. Einen Sitz, der sowohl in seiner Haltung, seiner Kommunikationsfähigkeit als auch seiner Sicherheit unübertroffen ist. Dessen maßgebliche Grundlagen existierten bereits lang vor mir (Wissen preußischer Stallmeister [1]). Mein Verdienst war es dabei lediglich gewesen, einzelne Unstimmigkeiten zu beseitigen, sowie den Sitz in seiner Kommunikation mit dem Pferd zu standardisieren und zu perfektionieren.

Kein noch so großes Talent kann den korrekten Sitz intuitiv und ohne fremde Hilfe erlernen!

Und damit sind wir beim Thema. An dieser Stelle werden vermutlich die ersten Reiter – von sich eingenommen – behaupten wollen, dass diese Aussage Unfug wäre. Diesen Personen sei gesagt: Ihr kennt nicht einmal Euren eigenen Körper, wie wollt ihr dann selbstständig den korrekten Sitz erarbeiten?

Nichts ist uns näher und vertrauter, als unser eigener Körper – so glauben wir das zumindest. Doch wir werden in unverschämtester Art und Weise von eben diesem Körper schamlos belogen.

Während wir beispielsweise glauben – von unserem Körper so vorgaukelt – vollkommen aufrecht und in einem perfekten 90 Grad-Winkel auf dem Pferd zu sitzen, lehnen wir uns in Wahrheit, und für einen Beobachter gut sichtbar, mehr oder weniger stark zurück. Das Zurücklehnen ist dabei im Übrigen die häufigste Form fehlerhaften Sitzes [2]. Oder wir beugen uns nach vorne.

Ein weiteres Beispiel:

Wie das Pferd, hat auch der Mensch eine NATÜRLICHE SCHIEFE (Händigkeit), die durch einseitig verkürzte Muskulatur entsteht, welche wiederum – wie auch beim Pferd – seine Ursache in der Lage des Embryos im Mutterleib haben dürfte, und welche nach der Geburt, im Lebensalltag, aus Bequemlichkeit [3] weiter kultiviert und dadurch – wie auch beim Pferd – verstärkt wird.

Ein Rechtshänder hat eine links verkürzte Muskulatur, beim Linkshänder ist es umgekehrt. Würde ein Rechtshänder (im Weiteren spreche ich nur vom Rechtshänder – für den Linkshänder gelten die Ausführungen spiegelverkehrt) auf einer ebenen Fläche ohne Orientierungspunkte am Horizont vermeintlich geradeaus laufen, was ihm sein Körper signalisiert, so weicht er tatsächlich in einem Bogen nach Links ab und kommt so, wenn er nur lange genug im gleichen Rhythmus läuft, wieder am Ausgangspunkt seiner Wanderung an.

Das ändert sich auch nicht, wenn der Rechtshänder auf einem Pferd sitzt. Sein Körper ist dabei immer mehr oder weniger stark, je nach Ausgeprägtheit seiner Händigkeit, nach links gedreht. Damit signalisiert er dem Pferd über seinen Sitz: „Geh nach Links!“. Ist der Rechtshänder mit seinem Pferd auf der rechten Hand unterwegs, dann führt dies dazu, dass das Pferd – dem Sitz des Reiters folgend – sich ebenfalls nach links stellt, über die rechte Schulter läuft bzw. kippt und damit mehr als gewünscht, nach innen abweicht.

Dies hat in der Regel zur Folge, dass der Reiter vermehrt das Pferd korrigieren möchte und sich dabei – reflexartig – noch stärker nach links drehen wird und/oder mit dem linken Zügel versuchen möchte, das Pferd dorthin zu dirigieren. Auch wird er das innere (rechte) Bein verstärkt einsetzen um das weitere Ausbrechen des Pferdes nach rechts zu verhindern. Diese „Korrekturen“ werden häufig auch noch von Reitlehrern unterstützt bzw. gefordert.

Was sie erst wissen, werden sie auch bald durch das Gefühl können, aber das Wissen muss dem Können vorausgehen. Naturreiter sind keine Reitlehrer.

Otto Digeon von Monteton | „Die Beschaffung der Remonten und ihrer Ausbildung“ | 1899 | Nachdruck Olms-Verlag 1992 | Seite 48

Und dies ALLES, weil der Reiter seinem Körper geglaubt hat, das er korrekt sitzen würde. Das Pferd wiederum hat alles richtig gemacht, besser gesagt, dessen Körper wurde durch den Reiterkörper dahin gebracht so zu reagieren, wie es eben reagiert hat, und dafür muss es sich nun korrigieren lassen. Armes Pferd!

Damit sind wir wieder beim meiner Ausgangsaussage:

Kein noch so großes Talent kann den korrekten Sitz intuitiv und ohne fremde Hilfe erlernen!

Wer nun glaubt, dass er nur lange genug reiten müsse, damit er lernt korrekt zu sitzen, der irrt gewaltig. Da kann man 20-30 Jahre oder länger im Sattel sitzen, jeden Tag, und ein noch so renommierter Reiter sein, man wird zwar besser sitzen – aber nicht korrekter. Paul Stecken´s Aussage: „Reiten lernt man nur durch reiten!“ trifft schlicht und ergreifend in letzter Konsequenz NICHT zu. Was man durch das reiten (Verb) lernt, ist lediglich immer besser im Sattel des Pferdes zu bleiben und sich besser der Pferdebewegung anzupassen – das war es auch schon. Richtig sitzen und mit dem Pferd über den Körper korrekt kommunizieren, wird man deshalb noch lange nicht.

Dazu bedarf es IMMER Hilfe! Der korrekte DREIPUNKTSITZ und dessen Körperkommunikation mit dem Pferd kann nicht im Selbststudium erlernt werde!

Die Sitzschulung des Reiters muss die wichtigste Aufgabe eines REITLEHRERS [4] sein.

Aussagen, dass der REITLEHRER nicht so viel reden und es vermehrt dem Reiter überlassen soll, das richtige Gefühl zu entwickeln ist bei der Erarbeitung des korrekten Sitzes absolut nicht zielführend, da wie gesagt, der Reiter nicht einmal merkt, dass er falsch sitzt. Dieses Gefühl wird sich erst im Laufe einer längeren Ausbildungszeit immer mehr einstellen. Davor aber stehen DRILL und DISZIPLIN und die ständige Korrektur, auch des allerkleinsten Fehlers, durch den Lehrer. Denn nur so lassen sich die fehlerhaften Haltungs- und Bewegungsmuster verändern und neue Muster nachhaltig konservieren.

Dabei wird nicht der VERSTAND des Reiters angesprochen, dieser ist, wie bei vielen Dingen, nur störend. Die gegebenen Korrekturanweisungen des Lehrers, welche der Schüler dann auch sofort (DISZIPLIN), auf den Punkt und vor allem ohne nachzudenken – auszuführen hat, sprechen den KÖRPER des Reiters an. Das Reaktionssystem dieses Körpers wird schließlich nach vielen Wiederholungen (DRILL), nicht nur die gegebenen und sofort umgesetzten Korrekturen adaptieren, sondern diese auch mit den vorher geschehenen Reiterfehlern bzw. auch Bewegungsfehlern des Pferdes in Verbindung bringen.

Das Ergebnis: Ein absolut korrekter Sitz in jeder Lage und ein fehlerfreies, rechtzeitiges (blitzschnelles) hoch automatisiertes Kommunizieren mit dem Pferd über den Körper des Reiters ohne Störungen des Pferdes! 

Anzumerken sei noch, dass der Reitlehrer in der Lage sein muss, JEDE fehlerhafte Abweichung des Sitzes und JEDEN Kommunikationsfehler SOFORT zu erkennen und SOFORT zu korrigieren – wieder und wieder! Dies erfordert nicht nur WISSEN, sondern auch eine große ERFAHRUNG!

Diskussionen mit dem Schüler finden in Aktion NICHT statt, sie würden nur den Lerneffekt behindern. In den minutenlangen Pausen, in denen sowohl der Pferde- als auch der Reiterkörper das „gelernte“ durchsimulieren (ich nenne das ADAPTIVES KÖRPERLERNEN) kann eine verstandesmäßige Aufarbeitung stattfinden, indem der Schüler Fragen stellen und der Lehrer ausführlichere Erklärungen geben kann.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


[1] Welche vermutlich auch nur weiterentwickelt haben.

[2] Was auch damit zu tun hat, dass dieses Zurücklehnen heute häufig so gelehrt wird. Diese neuzeitliche „Lehrmeinung“ aber beruht auf einer Fehlinterpretation dessen, was man in der Vergangenheit (vor dem 20. Jahrhundert) unter dem Begriff KREUZANSPANNEN verstanden hat.

[3] Wir bevorzugen bei unseren Alltagstätigkeiten die „bessere Seite“ und verstärken damit die Händigkeit.

[5] Otto Digeon von Monteton | „Die Beschaffung der Remonten und ihre Ausbildung“ | 1899 | Nachdruck Olms-Verlag 1992 | Seite 48

[4] Die Hierarchie der Ausbilder: STALLMEISTER –> REITMEISTER (RITTMEISTER) –> REITLEHRER / BEREITER.


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Gedankenloser Unfug Knotenhalfter

Das Knotenhalfter ist KEIN AUSBILDUNGSMITTEL, sondern lediglich ein Behelfshalfter, das man aus einem Seil knüpfen kann, wenn kein reguläres Halfter verfügbar ist.

Heute sah ich ein Video in dem ein, durch das Fernsehen bekannter Pferdetrainer, sich kurz auch über die Nutzung ungeeigneter KNOTENHALFTER echovierte. Er sprach dabei von häufig schlecht sitzenden Knotenhalftern, die zum Einsatz kämen.  

Das Problem ist nur:
ES GIBT KEINE KORREKT SITZENDEN KNOTENHALFTER!

Schauen wir uns doch einmal an, was manch ursprüngliche Idee des Knotenhalfters war. Viele Reitervölker verwendeten, mangels anderer Zäumungen, Seilkonstruktionen, wie die eines Knotenhalfters zum Reiten. Benötigte ein Cowboy ein Halfter, um beispielsweise einen Mustang, den er während eines Viehtriebs eingefangen hatte, als Handpferd mitzunehmen, hatte aber (natürlich) kein reguläres Stallhalfter heutiger Form bei der Hand, so knüpfte er sich aus einem dünnen Seil, was häufig zu allerlei Zwecken mit sich geführt wurde, ein Behelfshalfter, eben ein Knotenhalfter. Auch wurde das Knotenhalfter durchaus auch zur „Ausbildung“ oder besser gesagt zum Brechen von Pferden benutzt.

Bedauerlicherweise haben wir in der heutigen Zeit angefangen, solcher Art von Pferdehandling zu verklären. Aber weder waren die Reitervölker der Vergangenheit, einschließlich der schon fast mystifizierten nordamerikanischen Ureinwohner, kluge, denkende Pferdeausbilder noch waren dies die Cowboys. Es gab da keine Reit- oder gar Ausbildungskultur, von der KUNST ein Pferd auszubilden ganz zu schweigen. Sie alle waren einfach nur pragmatisch. Kam ein Pferd bei einer solchen Reiterei oder einer solchen „Ausbildung“ ums Leben, dann wurde es eben gegessen (bei den Reitervölkern).

Heute aber unterstellen wir einen pferdefreundlichen Umgang bei den beispielhaft genannten Personenkreisen und versuchen ihnen nachzueifern. Das KNOTENHALFTER ist ein Hilfsmittel, welches völlig unverdient einen pferdefreundlichen Ritterschlag bekommen hat und landauf-/landab benutzt wird – zum Leidwesen der Pferde.

Manche Autoren und Ausbilder sprachen sogar davon, dass die Platzierung der Knoten dieses Halfters akupressurtechnische Wirkungen haben würde.  Nun, all jenen, die dies glauben, sei gesagt, die Knoten haben keinen anderen Grund, als jenen, ein Halfter zu formen.

Seitlich am Kopf verläuft, direkt unter der Haut, der Trigeminusnerv (lat. für Drillingsnerv). Dieser teilt sich im gesamten Gesichtsfeld des Pferdes und versorgt über drei Äste Stirn, Kinn, Augen, Gesicht, Ober- und Unterkiefer. Das Knotenhalfter nun, egal wie gut es sitzt und egal wie fest es geschnürt wurde, reibt bei nahezu allen Bewegungen und da spreche ich jetzt nicht einmal von ruckartigen Bewegungen, mit seinen Knoten über diese Nervenbahnen, was für das Pferd sehr unangenehm ist und diverse Abwehrreaktionen provozieren kann. Darüber hinaus können dadurch Entzündungen  und Überempfindlichkeiten (Trigeminusneuralgie) dieses fünften Gesichtsnervs (nervus trigeminus) entstehen. Diese gelten inzwischen als häufigste Ursache für Kopfschütteln und Kopfschlagen (Headshaking) beim Pferd.

Wenn auch der Kappzaum oder das Cavesson bereits grenzwertig sind, so sind diese aber bei bestimmten Nutzanwendungen immer dem Knotenhalfter vorzuziehen, denn dieses wirkt nicht nur völlig undifferenziert und sehr hart, sondern reibt eben auch über Nervenbahnen.

Was man definitiv mit dem KNOTENHALFER NICHT machen sollte:

  • Ein Pferd anbinden | Dies ist die dümmste und rücksichtsloseste Anwendung des Knotenhalfters. Beim Versuch sich loszumachen kann das Pferd erheblichen Schaden nehmen.
  • Ein Pferd longieren | Die Reibungen am Kopf sind auch dann gegeben, wenn man die Longe locker führt. Ich habe noch bei keiner Zäumung so viele bockende und überreagierende Pferde beim Longieren erlebt, wie mit dem Knotenhalfter;
  • Ein Pferd reiten | Dies wird gerne von so manchen Pferdetrainer zelebriert und seinem gläubigen Klientel als pferdefreundlich verkauft, jedoch ist dies weit davon entfernt als pferdefreundlich bezeichnet werden zu dürfen. Hier manipuliert man schlicht über die Emotionalität der Menschen, zum Leidwesen der Tiere.
  • Ein Handpferd am Knotenhalfter mitführen | Kommt es zu einer Situation, in der man gezwungen ist, das Handpferd zu regulieren, wird auf jeden Fall massiv auf den Pferdekopf Wirkung erzeugt, was zu entsprechenden Reaktion des Handpferdes führen kann, welche für alle Beteiligten ungut ausfallen können.

Was nun bleibt eigentlich noch als Anwendungsmöglichkeit für das KNOTENHALFTER übrig?

Na ja, ein Pferd von A nach B zu führen wäre eine Möglichkeit.  Allerdings bei einem ruhigen und im Handling angenehmen Pferd würde auch ein Stallhalfter ausreichen und bei einem renitenten Pferd provoziert man mehr Abwehrreaktionen. Aus Angst respektieren solche Pferde vielleicht in Zukunft das Knotenhalfter aber überzeugt hat man sie nicht.

Das KNOTENHALFTER ist kein Mittel der Ausbildung und kein Mittel das Handling des Pferdes zu verbessern. Das was so manche Reitervölker oder Cowboys gemacht haben, war bei weitem nicht so pferdefreundlich, wie es uns heute von einer Vielzahl von Trainer und Trainerinnen verkauft wird.

Aber die Geschichte mit der Pferdefreundlichkeit zieht, wird sie doch von Vielen verbreitet und EMOTIONEN verkaufen halt gut.

Vielleicht aber denkt der geneigte Leser nun einmal über dieses (Marter)instrument nach – zum Wohle der Pferde.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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Das Pferd – ein konzentrationsschwaches Lebewesen

Pferde sind konzentrationsschwache Lebewesen. In der Natur hat das Pferd es nicht nötig, sich großartig auf etwas zu konzentrieren. Sein Futter läuft schließlich nicht weg und ist dazu noch an vielen Plätzen zu finden. Anders sieht die Sache bei einem  Raubtier aus. Da sitzt die Katze schon mal stundenlang vor einem Mauseloch, in der Hoffnung, dass die Maus sich blicken lässt. Die Katze muss während der ganzen Zeit hoch konzentriert sein, um ja nicht diesen einen, entscheidenden Augenblick zu verpassen.

Oft wird gesagt, dass die Konzentrationsspanne eines (jungen) Pferdes etwa 20 Minuten betragen würde. Diese Aussage will ich so nicht mittragen.

Man kann ein Pferd, auch ein junges Pferd, durchaus 1-2 Stunden arbeiten und die Konzentration dabei immer wieder „beleben“. Denn meiner Erfahrung nach ist die Konzentration NICHT abhängig von der Zeitdauer, sondern von dem was man vom Pferd verlangt und wie gut das Pferd dieses bereits kann.

Bei einer wenig anspruchsvollen oder bereits bekannten Übung ist die Konzentrationsspanne länger, bei einer schwierigen oder unbekannten Übung dagegen deutlich kürzer.

Während ich bei einer leichten Übung durchaus 10 Minuten am Stück ohne Pause mit einem Pferd arbeiten kann, würde eine schwere Übung schon nach 10 Sekunden eine Pause erfordern.

Wenn ich nun hier von Pause spreche, dann heißt das STEHPAUSE (nicht das Pferd mit langem Hals bewegen) und das unbedingt MINUTENLANG! Solche längeren Pausen, in dem man das Pferd auch nicht belästigt, haben drei Effekte:

  • 1 | Der Körper des Pferdes simuliert das gerade Vermittelte in einer solchen Pause und in der Regel kann das Pferd danach diese Übung auf derselben Hand, bereits etwas besser. Ich habe dafür den Begriff ADAPTIVES KÖRPERLERNEN geprägt. Es ist dabei unerheblich, ob sich das Pferd von äußeren Reizen ablenken lässt – der Körper lernt!
  • 2 | Das Pferd kann sich, bei geringgradiger Müdigkeit wieder erholen und ist nach einer solchen Pause erneut aufnahme- und leistungsfähig.
  • 3 | Das Pferd lernt immer länger stehenzubleiben, was bei kurzen Pausen nicht der Fall wäre.

Wichtig dabei ist allerdings, dass man nicht meint, dass Pferd bei solchen Pausen bespaßen zu müssen. Statt sich dabei mit dem Pferd zu beschäftigen, welches gerade körperlich dabei ist, das vorher Erlernte auch körperlich zu verstehen, sollte man selbst entspannen.

PFERDE LANGWEILEN SICH NICHT!

Sehr häufig bekomme ich zu hören, dass Pferde Abwechslung in der Arbeit brauchen, um sich nicht zu langweilen. Hier aber wird lediglich menschliches Denken und Verhalten auf das Pferd übertragen. Pferde LANGWEILEN sich nicht, wenn man wieder und wieder dasselbe von ihnen verlangt.

Im Gegenteil, nur die stete Wiederholung ist es, die bei konzentrationsschwachen Lebewesen die Motivation erhält.

Denn mit jeder Wiederholung fühlt das Pferd, nein jedes konzentrationsschwache Lebewesen – auch ein betroffener Mensch – sich körperlich ein Stückchen sicherer und kommt von einem Gefühl des KÖRPERLICH UNWOHLFÜHLENS in ein Gefühl des KÖRPERLICH WOHLFÜHLENS. Dies hat große positive Auswirkungen auf die Ausgeglichenheit, Sicherheit und Leistungsbereitschaft des Pferdes.

Zeigen Pferde ÜBERSPRUNGSREAKTIONEN, dann tun sie dies keinesfalls aufgrund von Langweile, wie viele Reiterinnen und Reiter dies ihren Pferden unterstellen. Solche Reaktionen entstehen immer dann, wenn ein Pferd die Übung (noch) nicht versteht, diese noch nicht kann, Schmerzen hat, oder wenn es müde wird. Hier ist die Reiterin, der Reiter gefordert, zu fühlen, die Gründe zu erkennen und entsprechend zu reagieren (MÜDE = PAUSE immer noch MÜDE = Feierabend, selbst wenn man erst 20 Minuten etwas getan hat!).

Meint man dem Pferd Abwechslung bieten zu müssen, ignoriert man tatsächliches Pferdeverhalten und steigert die Unruhe und Unsicherheit des Pferdes. Gleichzeitig zieht man jeden Lernprozess in die Länge.

Pferde sind konzentrationsschwache Lebewesen. Solchen kann man nachhaltig nur Sicherheit und eine gesunde Leistungsbereitschaft erhalten, wenn man, durch stete Wiederholung, auch über mehrere Tage hinweg dem Pferd neue Bewegungs- und Haltungsmuster vermittelt, welche damit zur 2. Natur des Pferdes werden und seinen Fundus an HANDLUNGSOPTIONEN erhöhen.

Ein ständiges für Abwechslungen sorgen wollen (was auch vielen Trainingskonzepte suggerieren) oder das Spielen mit dem Pferd dient nur dazu gegen unsere Langeweile anzugehen, verursacht dem Pferd mehr Stress, als wir uns eingestehen wollen und ändert nichts an der Konzentrationsschwäche!

REITKUNST ist das ruhige, konzentrierte UMFORMEN des Pferdes. Dabei ist die stete Wiederholung, welches die konzentrationsschwache Natur des Pferdes berücksichtigt, ein wesentliches Element zur Gesunderhaltung dieses wunderbaren Lebewesens.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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