Die Umformung des Pferdes – ein Überblick

REITKUNST ist die Fähigkeit der UMFORMUNG eines NATÜRLICHEN PFERDES zu einem REITPFERD„.
(Richard Vizethum)

Dieses Wissen und die Kunst, Pferde körperlich so umzuformen, dass diese unglaubliche Höchstleistungen erbringen konnten und dabei ein langes Pferdeleben lang, an Leib und Seele gesund blieben, wie dies die STALLMEISTER der alten Preußen zur Zeit Friedrichs des Großen beherrschten, ging um etwa Mitte des 19. Jahrhunderts (1848) gänzlich verloren.

In meiner Beschäftigung mit den Pferden entwickelte ich diesen Weg, wissenschaftlich forschend, wie dies auch die preußischen STALLMEISTER taten, lange völlig unabhängig und nichts von deren Tun wissend, in nahezu identischer Weise und so war es wir möglich, später deren Vorgehen  in Gänze zu verstehen und nachvollziehen zu können.

Die UMFORMUNG des Pferdes, nach meiner LEHRE VOM GRALSWEG, von einem NATÜRLICHEN PFERD zu einem REITPFERD, geht nicht über die heute übliche Konditionierungen – sprich das Auswendiglernen – von Lektionen und Manövern und das Arbeiten des Pferdes als Ganzes, sondern durch ein, in seiner Reihenfolge logisch aufgebautes und den physikalischen Grundsätzen und Möglichkeiten der Natur folgendes Lösen von SPEZIALAUFGABEN.

Man beginnt zunächst einmal damit, die widerstrebenden Kräfte (Gelenke, Knochen, Bänder …) des Pferdekörpers, welche die limitierenden Faktoren der UMFORMUNG sind, zu analysieren und auf ihre Formbarkeit hin zu bewerten. Danach setzt man diese zu einer möglichen[1] idealen Sollstellung in Vergleich, um daraus den Umformungsbedarf bzw. die Umformungsmöglichkeiten zu bestimmen.

Die UMFORMUNG selbst, bei welcher man die Muskulatur (bewegenden Kräfte) nützt, beginnt mit der Vorhand, die stets zusammen mit der RÜCKENLINIE[2], welche von Natur aus Vorwärts-Abwärts geneigt ist, deutlich angehoben wird, was die Rückenlinie in eine nahezu waagerechte Lage und den Hals weiter in Richtung der Schultern zurück bringt. Dies führt dazu, dass die von Natur aus stark vorne überhängende Last, bedingt durch Hals und Kopf, bereits deutlich verringert und durch die Vorderbeine vermehrt abgestützt wird.

Danach geht man gezielter[3] zur Hinterhand über, welche man (im Stehen betrachtet) soweit vorzieht, dass die Hufspitzen der Hinterhand an der Kreuzbein-Lotrechten[4] liegen und sorgt für eine dauerhafte mehr oder weniger leichte Beugung, um die Rückenlinie nun vollständig in die Waagerechte zu bringen. Buggelenk und Hüftgelenk befinden sich damit, wie auch die Rückenlinie auf einer waagerechten Linie.

Die Winkelungen der Vorhand (hinab bis Ellbogen-Gelenk) und der Hinterhand (hinab bis Kniegelenk) werden dadurch nahezu identisch und können sich in der Bewegung bei geringerem Reibungsverlust die Kräfte optimal zuwerfen, mit der Folge, dass ein Leistungsabfall bei Belastung deutlich später eintritt und weniger stark ausfällt. Die Pferde werden somit in die Lage versetzt, über einen längeren Zeitraum größere Leistung erbringen zu können und dies dazu bedeutend stressfreier.

Das Pferd wird in seiner gesamten Ausrichtung und auf allen drei Ebenen symmetrischer und die ungleichen Belastungen der Struktur, welche beim natürlichen Pferd in vielfältiger Weise gegeben sind, werden nahezu komplett in gleichmäßige Belastungsmomente umgewandelt.

Die Muskulatur wird so „umgeformt“, dass diese, zusammen mit den Faszien, die neue Körperform, selbst in den Alltagsbewegungen des Pferdes, konserviert. Die durch die UMFORMUNG hergestellte neue Haltung des Pferdes wird damit zu dessen neuer NATÜRLICHE HALTUNG.

Ein solchermaßen UMGEFORMTES Pferd kann nicht mehr in die Hand des Reiters gehen, da jeglicher Bewegungsdruck aus der Hinterhand vermehrt Vorwärts-AUFWÄRTS fließt, das Pferd nimmt sich somit automatisch „aus der Hand“ des Reiters.

Nun erst ist es tatsächlich in der Lage sich – wie es so häufig beschworen wird – sich weiter RELATIV aufzurichten[5].

Das Pferd hat während dieses Prozesses gelernt die Trense drucktechnisch nach eigenem Ermessen[6] zu neutralisieren, diese dabei aber stets als Informationsquelle zu nutzen (TRENSENGEHORSAM). Darüber hinaus lässt die erreichte AUFRICHTUNG (Hals – Vorhand – Rückenlinie) gar nicht mehr zu, dass sich das Pferd stark am Gebiss ANLEHNEN[7] kann bzw. überhaupt anlehnen muss, denn die Bewegungen erfolgen in optimaler Balance. Der Massemittelpunkt (Schwerpunkt), der im Prozess der UMFORMUNG immer weiter zurück zum fiktiven GLEICHGEWICHTSPUNKT[8] verschoben wurde, oszilliert in der Bewegung des Pferdes stets nahe am Gleichgewichtspunkt.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie
Auszug aus der LEHRE VOM GRALSWEG


[1] Nicht bei jedem Pferd kann die ideale Sollstellung vollständig erreicht werden, ohne dass dazu die Grenzen (widerstrebende Kräfte), die die Natur setzt, zum Schaden des Pferdes überschritten werden müssten. Dennoch kann JEDES Pferd nahe an diese ideale Sollstellung herangeführt werden.

[2] Nur Wirbelkörper ohne Dornfortsätze

[3] Wirkungen auf die Hinterhand entstehen natürlich auch bereits bei der Hebung der Vorhand (incl. Rückenlinie).

[4] Lot vom Kreuzbein zum Boden

[5] Was bei einem vermehrt vorwärts-abwärts gerittenen bzw. nur Lektionen konditioniertem Pferd schlicht und ergreifend eine physikalische Unmöglichkeit ist. Die bei solchem Reiten oft empfundene „Bergauf-Tendenz“ entsteht nicht durch ein Anheben (Aufrichten der Vorhand), sondern durch ein – bedingt durch weites Vorgreifen der Hinterhand erzieltes – Tieferlegen des Pferdes in der Hinterhand!

[6] Ob das Pferd den Druck auf NULL Gramm reduziert und damit das Mundstück nur aufliege hat, oder ob es sich noch mit 500 Gramm „draufstützt“ weil dies ihm angenehmer ist, liegt im Ermessen des Pferdes.

[7]ANLEHNUNG ist das Angebot an das Pferd, sich bei leichten Balanceverluste nach vorne kurzzeitig in der Hand des Reiters abstützen zu können“ (R.V.) Die Notwendigkeit der ANLEHNUNG verschwindet dann, wenn das Pferd seine maximal mögliche Aufrichtung (Hals – Vorhand – Rückenlinie) bei gleichzeitigem Fallenlassen der Nase gen Senkrechte erreicht hat. Diese optimale Haltung in Aufrichtung macht ANLEHNUNG schließlich unmöglich aber auch unnötig!

[8] Ein definiertes Ideal, welches an den Kreuzungslinien der auf dem Boden befindlichen Stützen (Beine) befindet. Definiert wird dieser Gleichgewichtspunkt erstmals in meiner LEHRE VOM GRALSWEG.

Aufrichtung Ausbildung Bequemlichkeit Cowboy Denkender Reiter Dressur Emotion Erfahrung Freude Friedrich der Große Fühlen Galopp Geduld General von Seydlitz-Kurzbach Gesundheit Gustav Steinbrecht Hippologie Kavallerie Korrektur Können Körperlich unwohlfühlen Körperlich wohlfühlen Lehre vom Gralsweg Literatur Meister Natürliches Pferd Otto Digeon von Monteton Pferd Preußen Reiten Reiter Reitkunst Reitpferd Richard Vizethum Rücken Sitz des Reiters Sperrriemen Stallmeister Tierarzt Trab Umformen Umformung Vorwärts-Abwärts Wissen Wissenschaft