Gedankenloser Unfug Knotenhalfter

Das Knotenhalfter ist KEIN AUSBILDUNGSMITTEL, sondern lediglich ein Behelfshalfter, das man aus einem Seil knüpfen kann, wenn kein reguläres Halfter verfügbar ist.

Heute sah ich ein Video in dem ein, durch das Fernsehen bekannter Pferdetrainer, sich kurz auch über die Nutzung ungeeigneter KNOTENHALFTER echovierte. Er sprach dabei von häufig schlecht sitzenden Knotenhalftern, die zum Einsatz kämen.  

Das Problem ist nur:
ES GIBT KEINE KORREKT SITZENDEN KNOTENHALFTER!

Schauen wir uns doch einmal an, was manch ursprüngliche Idee des Knotenhalfters war. Viele Reitervölker verwendeten, mangels anderer Zäumungen, Seilkonstruktionen, wie die eines Knotenhalfters zum Reiten. Benötigte ein Cowboy ein Halfter, um beispielsweise einen Mustang, den er während eines Viehtriebs eingefangen hatte, als Handpferd mitzunehmen, hatte aber (natürlich) kein reguläres Stallhalfter heutiger Form bei der Hand, so knüpfte er sich aus einem dünnen Seil, was häufig zu allerlei Zwecken mit sich geführt wurde, ein Behelfshalfter, eben ein Knotenhalfter. Auch wurde das Knotenhalfter durchaus auch zur „Ausbildung“ oder besser gesagt zum Brechen von Pferden benutzt.

Bedauerlicherweise haben wir in der heutigen Zeit angefangen, solcher Art von Pferdehandling zu verklären. Aber weder waren die Reitervölker der Vergangenheit, einschließlich der schon fast mystifizierten nordamerikanischen Ureinwohner, kluge, denkende Pferdeausbilder noch waren dies die Cowboys. Es gab da keine Reit- oder gar Ausbildungskultur, von der KUNST ein Pferd auszubilden ganz zu schweigen. Sie alle waren einfach nur pragmatisch. Kam ein Pferd bei einer solchen Reiterei oder einer solchen „Ausbildung“ ums Leben, dann wurde es eben gegessen (bei den Reitervölkern).

Heute aber unterstellen wir einen pferdefreundlichen Umgang bei den beispielhaft genannten Personenkreisen und versuchen ihnen nachzueifern. Das KNOTENHALFTER ist ein Hilfsmittel, welches völlig unverdient einen pferdefreundlichen Ritterschlag bekommen hat und landauf-/landab benutzt wird – zum Leidwesen der Pferde.

Manche Autoren und Ausbilder sprachen sogar davon, dass die Platzierung der Knoten dieses Halfters akupressurtechnische Wirkungen haben würde.  Nun, all jenen, die dies glauben, sei gesagt, die Knoten haben keinen anderen Grund, als jenen, ein Halfter zu formen.

Seitlich am Kopf verläuft, direkt unter der Haut, der Trigeminusnerv (lat. für Drillingsnerv). Dieser teilt sich im gesamten Gesichtsfeld des Pferdes und versorgt über drei Äste Stirn, Kinn, Augen, Gesicht, Ober- und Unterkiefer. Das Knotenhalfter nun, egal wie gut es sitzt und egal wie fest es geschnürt wurde, reibt bei nahezu allen Bewegungen und da spreche ich jetzt nicht einmal von ruckartigen Bewegungen, mit seinen Knoten über diese Nervenbahnen, was für das Pferd sehr unangenehm ist und diverse Abwehrreaktionen provozieren kann. Darüber hinaus können dadurch Entzündungen  und Überempfindlichkeiten (Trigeminusneuralgie) dieses fünften Gesichtsnervs (nervus trigeminus) entstehen. Diese gelten inzwischen als häufigste Ursache für Kopfschütteln und Kopfschlagen (Headshaking) beim Pferd.

Wenn auch der Kappzaum oder das Cavesson bereits grenzwertig sind, so sind diese aber bei bestimmten Nutzanwendungen immer dem Knotenhalfter vorzuziehen, denn dieses wirkt nicht nur völlig undifferenziert und sehr hart, sondern reibt eben auch über Nervenbahnen.

Was man definitiv mit dem KNOTENHALFER NICHT machen sollte:

  • Ein Pferd anbinden | Dies ist die dümmste und rücksichtsloseste Anwendung des Knotenhalfters. Beim Versuch sich loszumachen kann das Pferd erheblichen Schaden nehmen.
  • Ein Pferd longieren | Die Reibungen am Kopf sind auch dann gegeben, wenn man die Longe locker führt. Ich habe noch bei keiner Zäumung so viele bockende und überreagierende Pferde beim Longieren erlebt, wie mit dem Knotenhalfter;
  • Ein Pferd reiten | Dies wird gerne von so manchen Pferdetrainer zelebriert und seinem gläubigen Klientel als pferdefreundlich verkauft, jedoch ist dies weit davon entfernt als pferdefreundlich bezeichnet werden zu dürfen. Hier manipuliert man schlicht über die Emotionalität der Menschen, zum Leidwesen der Tiere.
  • Ein Handpferd am Knotenhalfter mitführen | Kommt es zu einer Situation, in der man gezwungen ist, das Handpferd zu regulieren, wird auf jeden Fall massiv auf den Pferdekopf Wirkung erzeugt, was zu entsprechenden Reaktion des Handpferdes führen kann, welche für alle Beteiligten ungut ausfallen können.

Was nun bleibt eigentlich noch als Anwendungsmöglichkeit für das KNOTENHALFTER übrig?

Na ja, ein Pferd von A nach B zu führen wäre eine Möglichkeit.  Allerdings bei einem ruhigen und im Handling angenehmen Pferd würde auch ein Stallhalfter ausreichen und bei einem renitenten Pferd provoziert man mehr Abwehrreaktionen. Aus Angst respektieren solche Pferde vielleicht in Zukunft das Knotenhalfter aber überzeugt hat man sie nicht.

Das KNOTENHALFTER ist kein Mittel der Ausbildung und kein Mittel das Handling des Pferdes zu verbessern. Das was so manche Reitervölker oder Cowboys gemacht haben, war bei weitem nicht so pferdefreundlich, wie es uns heute von einer Vielzahl von Trainer und Trainerinnen verkauft wird.

Aber die Geschichte mit der Pferdefreundlichkeit zieht, wird sie doch von Vielen verbreitet und EMOTIONEN verkaufen halt gut.

Vielleicht aber denkt der geneigte Leser nun einmal über dieses (Marter)instrument nach – zum Wohle der Pferde.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


Aufrichtung Ausbildung Bequemlichkeit Cowboy Denkender Reiter Dressur Emotion Erfahrung Freude Friedrich der Große Fühlen Galopp Geduld General von Seydlitz-Kurzbach Gesundheit Gustav Steinbrecht Hippologie Kavallerie Kavalleriepferd Korrektur Können Lehre vom Gralsweg Literatur Meister Natürliches Pferd Otto Digeon von Monteton Pferd Preußen Reiten Reiter Reitkunst Reitpferd Richard Vizethum Rücken Sitz Sitz des Reiters Sperrriemen Stallmeister Tierarzt Trab Umformen Umformung Vorwärts-Abwärts Wissen Wissenschaft

Das Pferd – ein konzentrationsschwaches Lebewesen

Pferde sind konzentrationsschwache Lebewesen. In der Natur hat das Pferd es nicht nötig, sich großartig auf etwas zu konzentrieren. Sein Futter läuft schließlich nicht weg und ist dazu noch an vielen Plätzen zu finden. Anders sieht die Sache bei einem  Raubtier aus. Da sitzt die Katze schon mal stundenlang vor einem Mauseloch, in der Hoffnung, dass die Maus sich blicken lässt. Die Katze muss während der ganzen Zeit hoch konzentriert sein, um ja nicht diesen einen, entscheidenden Augenblick zu verpassen.

Oft wird gesagt, dass die Konzentrationsspanne eines (jungen) Pferdes etwa 20 Minuten betragen würde. Diese Aussage will ich so nicht mittragen.

Man kann ein Pferd, auch ein junges Pferd, durchaus 1-2 Stunden arbeiten und die Konzentration dabei immer wieder „beleben“. Denn meiner Erfahrung nach ist die Konzentration NICHT abhängig von der Zeitdauer, sondern von dem was man vom Pferd verlangt und wie gut das Pferd dieses bereits kann.

Bei einer wenig anspruchsvollen oder bereits bekannten Übung ist die Konzentrationsspanne länger, bei einer schwierigen oder unbekannten Übung dagegen deutlich kürzer.

Während ich bei einer leichten Übung durchaus 10 Minuten am Stück ohne Pause mit einem Pferd arbeiten kann, würde eine schwere Übung schon nach 10 Sekunden eine Pause erfordern.

Wenn ich nun hier von Pause spreche, dann heißt das STEHPAUSE (nicht das Pferd mit langem Hals bewegen) und das unbedingt MINUTENLANG! Solche längeren Pausen, in dem man das Pferd auch nicht belästigt, haben drei Effekte:

  • 1 | Der Körper des Pferdes simuliert das gerade Vermittelte in einer solchen Pause und in der Regel kann das Pferd danach diese Übung auf derselben Hand, bereits etwas besser. Ich habe dafür den Begriff ADAPTIVES KÖRPERLERNEN geprägt. Es ist dabei unerheblich, ob sich das Pferd von äußeren Reizen ablenken lässt – der Körper lernt!
  • 2 | Das Pferd kann sich, bei geringgradiger Müdigkeit wieder erholen und ist nach einer solchen Pause erneut aufnahme- und leistungsfähig.
  • 3 | Das Pferd lernt immer länger stehenzubleiben, was bei kurzen Pausen nicht der Fall wäre.

Wichtig dabei ist allerdings, dass man nicht meint, dass Pferd bei solchen Pausen bespaßen zu müssen. Statt sich dabei mit dem Pferd zu beschäftigen, welches gerade körperlich dabei ist, das vorher Erlernte auch körperlich zu verstehen, sollte man selbst entspannen.

PFERDE LANGWEILEN SICH NICHT!

Sehr häufig bekomme ich zu hören, dass Pferde Abwechslung in der Arbeit brauchen, um sich nicht zu langweilen. Hier aber wird lediglich menschliches Denken und Verhalten auf das Pferd übertragen. Pferde LANGWEILEN sich nicht, wenn man wieder und wieder dasselbe von ihnen verlangt.

Im Gegenteil, nur die stete Wiederholung ist es, die bei konzentrationsschwachen Lebewesen die Motivation erhält.

Denn mit jeder Wiederholung fühlt das Pferd, nein jedes konzentrationsschwache Lebewesen – auch ein betroffener Mensch – sich körperlich ein Stückchen sicherer und kommt von einem Gefühl des KÖRPERLICH UNWOHLFÜHLENS in ein Gefühl des KÖRPERLICH WOHLFÜHLENS. Dies hat große positive Auswirkungen auf die Ausgeglichenheit, Sicherheit und Leistungsbereitschaft des Pferdes.

Zeigen Pferde ÜBERSPRUNGSREAKTIONEN, dann tun sie dies keinesfalls aufgrund von Langweile, wie viele Reiterinnen und Reiter dies ihren Pferden unterstellen. Solche Reaktionen entstehen immer dann, wenn ein Pferd die Übung (noch) nicht versteht, diese noch nicht kann, Schmerzen hat, oder wenn es müde wird. Hier ist die Reiterin, der Reiter gefordert, zu fühlen, die Gründe zu erkennen und entsprechend zu reagieren (MÜDE = PAUSE immer noch MÜDE = Feierabend, selbst wenn man erst 20 Minuten etwas getan hat!).

Meint man dem Pferd Abwechslung bieten zu müssen, ignoriert man tatsächliches Pferdeverhalten und steigert die Unruhe und Unsicherheit des Pferdes. Gleichzeitig zieht man jeden Lernprozess in die Länge.

Pferde sind konzentrationsschwache Lebewesen. Solchen kann man nachhaltig nur Sicherheit und eine gesunde Leistungsbereitschaft erhalten, wenn man, durch stete Wiederholung, auch über mehrere Tage hinweg dem Pferd neue Bewegungs- und Haltungsmuster vermittelt, welche damit zur 2. Natur des Pferdes werden und seinen Fundus an HANDLUNGSOPTIONEN erhöhen.

Ein ständiges für Abwechslungen sorgen wollen (was auch vielen Trainingskonzepte suggerieren) oder das Spielen mit dem Pferd dient nur dazu gegen unsere Langeweile anzugehen, verursacht dem Pferd mehr Stress, als wir uns eingestehen wollen und ändert nichts an der Konzentrationsschwäche!

REITKUNST ist das ruhige, konzentrierte UMFORMEN des Pferdes. Dabei ist die stete Wiederholung, welches die konzentrationsschwache Natur des Pferdes berücksichtigt, ein wesentliches Element zur Gesunderhaltung dieses wunderbaren Lebewesens.


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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Fühle – das Pferd zeigt Dir den Weg (?)

Es ist so schnell dahingesagt und klingt so wunderbar einfühlsam:
„Du musst nur fühlen, dann sagt Dir das Pferd schon was zu tun ist …“.

Ja, das Pferd sagt uns sehr viel, wenn wir nur genau HINFÜHLEN:

  • es sagt uns, wenn es müde ist,
  • es sagt uns, wenn es traurig ist,
  • es sagt uns, wenn es Schmerzen hat,
  • es sagt uns, wenn es sich nicht wohl fühlt,
  • es sagt uns, wenn es sich freut,
  • es sagt uns, wenn es Hunger hat,
  • es sagt uns, wenn es uns mag oder auch nicht mag,
  • es sagt uns, wenn es etwas nicht versteht,
  • es sagt uns, wenn es etwas (noch) nicht kann, …

All das und so manches mehr, sagt uns das Pferd und wir können es wahrnehmen, FÜHLEN, wenn wir nur unsere Sinne öffnen und unsere (menschlichen) Emotionen, die hierbei massiv stören, kontrollieren können.

WAS UNS ABER DAS PFERD NIEMALS ERZÄHLEN WIRD: WAS WIR TUN MÜSSEN, UM ES ZU VERÄNDERN!

Denn das, was sich am Pferd verändern MUSS, UMGEFORMT werden MUSS, damit es als REITPFERD ein langes Pferdeleben lang gesund, motiviert und leistungsbereit bleiben kann, DIES KANN ES UNS NICHT SAGEN!

Wenn wir ein Pferd verändern, dann wird es uns dabei – zu Recht – aus dem entstehenden KÖRPERLICHEN UNWOHLSEIN heraus, immer wieder die berechtigte Frage stellen: WAS SOLL DAS? Eine Antwort darauf, die das Pferd verstehen würde, können wir ihm aber nicht geben, wir können dem Pferd nicht (die Zukunft) erklären mit Worten wie:
Du musst jetzt Deinen inneren Schweinhund überwinden und es tun, danach wirst Du Dich viel besser, stärker und stolzer fühlen“.
ES WIRD UNS NICHT VERSTEHEN UND ENTSPRECHEND REAGIEREN!

In sehr, sehr feinen, aber auch sehr, sehr groben ÜBER-SPRUNGSREAKTIONEN wird es immer wieder die Frage nach dem Sinn dessen, was wir gerade mit ihm tun, aufwerfen.

Diese ÜBERSPRUNGSREAKTIONEN, schon die Feinsten von ihnen, müssen wir wahrnehmen und vor allem richtig bewerten können. Dazu bedarf es sehr viel EMPATHIE. Wer dabei allerdings EMOTIONEN zulässt, wird allenfalls das Grobe erleben, NIE das FEINE erfühlen!

NEIN, DAS PFERD SAGT UNS NICHT, WIE WIR ES AUSBILDEN SOLLEN – DENN DAVON HAT ES KEINE AHNUNG UND KANN ES DESHALB AUCH NICHT! ABER ES WIRD UNS IMMER SAGEN, WIE ES SICH DABEI FÜHLT.

Und wir müssen RECHTZEITIG, schon beim Hauch eines Anzeichens, des Pferdes Befindlichkeiten erkennen, immer auch unter der Prämisse:
EIN PFERD WIDERSETZT SICH NICHT – ENTWEDER ES KANN ES NICHT, VERSTEHT ES NICHT ODER HAT SCHMERZEN (auch Kombinationen sind möglich).

Wir müssen ACHTSAM sein und FÜHLEN, ob unser Pferd

  • müde ist,
  • etwas nicht verstanden hat,
  • überfordert ist,

und wir müssen sofort darauf reagieren!

Unser „Zuhören“ hilft dem Pferd nur dabei, das der Weg, den wir mit ihm gehen, möglichst einvernehmlich sein kann, das Pferd kann uns aber niemals den Weg selbst erklären!


Autor: Richard Vizethum | der letzte Stallmeister | Schule der Hippologie


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